Georg Büchner: Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

13. Juli 2022  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Porträt von Georg Büchner (um 1835). Undatierte Bleistiftzeichnung des Darmstädter Theatermalers Philipp August Joseph Hoffmann (1807 bis 1883).

Wir leben in einer Klassengesellschaft, in der die Reichen einen Krieg gegen die Armen führen. Zu dieser Erkenntnis kam 1832 schon der Literat und Revolutionär Georg Büchner. Hans Otto Rößer stellte den Schriftsteller in seinem Vortrag „Radikale Politik in trüben Zeiten“ in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen vor.

Paris: Revolution

Im Juli 1830 kam es in Paris zur Revolution, in der die Bourbonen-Dynastie gestürzt wurde und es zu einer ersten Organisierung von Arbeitern und Handwerkern kam. Dieser revolutionäre Funke sprang schnell auf Polen, Belgien, Italien und verschiedene deutsche Staaten über. „In Kassel rebellierte die arme Bevölkerung gegen hohe Lebensmittelpreise, der Kurfürst musste einer Verfassung zustimmen und dankte schließlich ab“, veranschaulichte der promovierte Germanist. Allerdings war es den Armen verboten, in die bürgerliche Kommunal-Garde einzutreten. Wenige Monate später ging diese bewaffnete Bürgerwehr letztendlich gegen demonstrierende Tagelöhner vor, erläuterte Rößer das Kalkül der Bourgeoisie.

Frühsozialismus und soziale Rechte

Der 1813 geborene Georg Büchner war ein Kind der konservativen Restauration, mit der sich die Herrschenden im Wiener Kongress (1815) die Macht in Europa erneut aufteilten. Sein Studium im französischen Straßbourg 1831-33 müsse ihm deshalb geradezu als Befreiung erschienen sein. Dort kam er mit Gedanken der Frühsozialisten sowie der „Gesellschaft für Menschenrechte“ in Kontakt und formulierte seine radikaldemokratischen Ideen. Die Gesellschaft trenne sich in arm und reich, während die Reichen der Adel, wie auch die bürgerliche Geldaristokratie seien. Sie führten einen Krieg gegen die Armen, die nach sozialen Rechten strebten. Dem setzten die Liberalen jedoch nur bürgerliche, das Eigentum achtende, Freiheiten entgegen.

Klassengesellschaft und Repression

Die Klassengesellschaft zerfalle in eine wohlhabende und gebildete Minderheit, die über der armen und von jeglicher Bildung ausgeschlossenen Masse der Bevölkerung stünde. Diese ausgegrenzte und ausgebeutete Mehrheit benötige jedoch ein neues geistiges Leben jenseits von Kirche oder Religion, forderte Büchner. 1832 fand das Hambacher Fest statt, bei dem rund 30.000 Oppositionelle für Freiheit und Volkssouveränität gegenüber der Monarchie eintraten. Die Obrigkeit antwortete mit Anklagen und Verurteilungen. Der 20-jährige Friedrich Engels, der zu der Zeit in Bremen für den „Telegraf“ von Karl Gutzkow schrieb, bezeichnete die Reaktion der Herrschenden als „trübe Zeiten“. Gutzkow gehörte der Literaten-Bewegung „Junges Deutschland“ an und war Herausgeber von Büchners Drama „Dantons Tod“.

Frankfurt: Aufstand

1833 kam es zum erfolglosen „Frankfurter Wachensturm“, mit dem radikale Studenten eine gesamtdeutsche Revolution auslösen wollten. Das eingesetzte Linienbatallion schlug den Aufstandsversuch jedoch nieder. In einem Brief analysierte Büchner, dass die gesetzlich festgeschriebenen Gewaltverhältnisse nur mit Gewalt geändert werden könnten. Doch sei das deutsche Volk, das per Gesetz zu fronendem Vieh gemacht würde, noch zu keiner revolutionären Bewegung bereit (5. April 1833). Sein Kollege Gutzkow hingegen wollte den Kampf nicht mit dem Gewehr, sondern mit dem Buch führen. Das revolutionäre Denken sollte intellektuell in Schule, Universität, Kirche, Wissenschaft und Kunst verbreitet werden. Dieses Vorgehen war etwas, was der italienische Marxist Antonio Gramsci 100 Jahre später als „Kulturelle Hegemonie“ definieren würde.

Flucht und Tod

Gutzkows Schriften wurden jedoch von den Behörden verboten, die Autoren des „Jungen Deutschlands“ mit Publikationsverbot belegt, Gutzkow selbst zu Gefängnishaft verurteilt. 1834 veröffentlichte Büchner den „Hessischen Landboten“, in dem er mit „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die ländliche Bevölkerung zum Aufstand gegen die Großherzogliche Regierung von Hessen-Darmstadt aufrief. Daraufhin wurde er steckbrieflich gesucht und floh nach Frankreich. Nach Vollendung seiner Doktorarbeit über das Nervensystem von Fischen erhielt Büchner 1836 eine Berufung an die Universität Zürich. Er infizierte sich jedoch mit Typhus und starb in seinem Zimmer, das sowohl Wohnung, Schlafstelle, Küche und Forschungslabor in einem war. Georg Büchner wurde 23 Jahre alt.

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