Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein

05. März 2023  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Porträt von Georg Lukács @www.zersetzer.com

Der Begründer des westlichen Marxismus, der zwischen Leninscher Parteigläubigkeit und demokratischer Rätedemokratie wechselte, wurde in der 24. Folge des Theorie-Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung porträtiert.

Räteregierung und Flucht

Lukács (1895-1971) entstammte einer wohlhabenden jüdischen Familie in Budapest. Er promovierte gleich zweimal (mit 21 und mit 24 Jahren) und trat nach Ende des Ersten Weltkriegs der Kommunistischen Partei Ungarns bei, bei deren kurzzeitiger Räteregierung unter Béla Kun, er als Volkskommissar für Bildung fungierte. Nach dem Einmarsch rumänischer Truppen floh Lukács nach Österreich, wo er 1923 die Aufsatzsammlung „Geschichte und Klassenbewusstsein“ veröffentlichte.

Marxismus ist kein Naturgesetz

In dem Buch wendet sich Lukács gegen eine geschichtsdeterministische Sichtweise, wie sie etwa in der II. Internationalen bzw. der Sozialdemokratie verbreitet war. Er kritisiert deren Auffassung von gesetzmäßig erscheinenden Abläufen, derzufolge der Sturz des Kapitalismus eine – etwa den Naturgesetzen vergleichbaren – Notwendigkeit sei. Der revolutionären Praxis, die in einem kollektiven Denken und Handeln münde, käme hierbei keinerlei Bedeutung zu, so seine Kritik.

Die Partei hat immer recht

Mit seinem Schwerpunkt auf die Warenströme in Kapitalismus galt Lukács neben Antonio Gramsci als einer der Begründer des westlichen Marxismus. Von den basisdemokratischen Anfängen der ungarischen Räteregierung kommend sprach er sich jedoch schnell für eine revolutionäre Avantgarde aus, wie sie von Lenin in Form der Bolschewiki gefordert wurde. In diesem Sinne hatten sich alle Individuen dem Willen der Kommunistischen Partei unterzuordnen.

Rätedemokratie statt Parteiendiktatur

1933 floh Lukács für 11 Jahre nach Moskau. Er überlebte den Stalinistischen Terror – im Gegensatz zu seinem einstigen Mentor Béla Kun, der 1938 hingerichtet wurde. 1956 schloss er sich dem Ungarischen Aufstand gegen die Rote Armee an und war einige Tage Minister in der Regierung Nagy. Nach der Niederschlagung durch sowjetische Truppen wurde er deportiert. In seinen späteren Lebensjahren sah er seine vormalige Lenin- und Stalinbegeisterung selbstkritisch als „messianisches Sektierertum“. Dem setzte er eine Rätedemokratie entgegen, wie sie etwa von Rosa Luxemburg vertreten worden war.

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