Rosalux History: Der Bauernkrieg

12. Februar 2024  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Zeichnung: Albrecht Dürer: Die Bauernsäule (1525)

Die Revolution zehntausender Bauern gegen die Feudalherrschaft des Adels in den Jahren 1524/25 ist Thema in der 26. Folge von Rosalux-History. Der Geschichtspodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung beschäftigt sich mit dem Bauernkrieg.

Feudalismus und Lehensherrschaft

Den großen Aufständen des „kleinen Mannes“ gingen gravierende soziale und wirtschaftliche Umwälzungen voraus. Der Feudalismus des Mittelalter beruhte darauf, dass adelige Grundherren von der Arbeit der leibeigenen Bauern leben. Im Lehenssystem vergab der König Ländereien an adelige Grundherren. Diese Vasallen waren nun Herren über die dort lebenden Bauern, die ihnen einen Teil der Ernte abgeben mussten, Frondienste zu leisten hatten und den „Zehnten“ an die Kirche zu entrichten hatten.

Pest und Frondienste

Die Dreifelderwirtschaft führte zu größeren Erträgen und somit zu Bevölkerungswachstum. In den bäuerlichen Dorfgemeinschaften sprachen die männlichen Familienoberhäupter Recht oder wählten die Funktionsträger des Ortes – die Entscheidungen wurden somit demokratisch getroffen. 1346 kam es jedoch zu einer langjährigen Pestepidemie, in deren Folge gut ein Drittel der Bevölkerung in den Dörfern und Städten starb. Durch den drastischen Einbruch der bäuerlichen Abgaben verarmte der Kleinadel, der oftmals als Raubritter das Land mit Plünderungen und Überfällen überzog. Auch bessergestellte adelige Grundherren hatten Einbußen. Sie erhöhten die Abgaben, verschärften den Frondienst und schränkten die Selbstverwaltung der Bauern ein.

Drückende Abgaben

Mit der Zeit kam es in den Städten zur Entwicklung eines frühkapitalistischen Handelskapitals. Neue Berufe, wie der des Goldschmieds, des Kupferstechers oder des Bildhauers entstanden, die ihre Waren über weite Strecken vertrieben. Die Umstellung von einer Natural- zu einer Geldwirtschaft führte dazu, dass auch die Feudalherren nun mehr Geld benötigten – etwa, um städtische Luxusprodukte zu kaufen oder um ihre Truppen zu besolden. Sie erhöhten also erneut die Abgaben der Bauern. Säumige Schuldner wurden in den Kerker geworfen, geistliche Grundherren sprachen teilweise auch den Kirchenbann aus. Doch schaffte es der Adel nicht, den Wohlstand der städtischen Oberschicht („Patrizier“) zu erreichen, die durch den Fernhandel reich geworden waren.

Aufstände und Revolten

Die Patrizierfamilien konzentrierten die Macht im städtischen Rat auf sich, währenddessen sie das Bürgertum, Handwerker, Gesellen oder Tagelöhner von der Mitsprache ausschlossen. 1476 sammelte der Viehhirte Hans Böhm mit dem Ruf nach sozialer Gleichheit zehntausende Anhänger um sich, bevor er in Würzburg als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. In den 1490er Jahren kam es in Schwaben und Friesland zu Bauernrevolten. Am Oberrhein bildete sich die Bundschuh-Bewegung, deren Anführer jedoch in die Schweiz fliehen mussten. 1514 erhoben sich die Schweizer Bauern, auch in Württemberg, in Kärnten und der Steiermark kam es zu Aufständen.

Reformation und Revolution

Fundament des Feudalismus war das Christentum, da Adel und Klerus die Herrschaft als gottgewollt legitimierten. Mit seinen 95 Thesen kritisierte Martin Luther die Institution Kirche jedoch in ihren Grundfesten. Der Buchdruck machte die von ihm ins Deutsche übersetzte Bibel einem Großteil der des Lesens kundigen Bevölkerungsteile zugänglich. Während der reformistisch gesinnte Luther jedoch nur die Autorität des römischen Papstes begrenzen wollte und die christliche Freiheit auf die Religionsausübung beschränkte, forderten Radikale wie Thomas Müntzer die Verwirklichung des Reiches Gottes in der Gegenwart – auch sozial-gesellschaftlich.

Bildung der Bauernhaufen

Im Juni 1524 verfassten Bauern im Schwarzwald eine Beschwerde, in der sie die Leibeigenschaft, die hohen Abgaben sowie die rechtliche Willkür der Grundherren kritisierten. Diese reichten sie beim Reichskammergericht ein. Im Oktober schlossen sich die Bauern am Bodensee zusammen und stoppten die Abgaben an ihre Grundherren. Im März 1525 hatten sich mit dem Baltringer Haufen, dem Seehaufen und dem Allgäuer Haufen schließlich drei kriegerische Formationen gebildet, die neben tausenden Bauern auch Bergknappen, Bürger und Landsknechte umfassten.

Die „Zwölf Artikel“

In der freien Reichsstadt Memmingen trafen sich Vertreter der drei Haufen mit Abgeordneten der Reichsstände (Schwäbischer Bund), um über ihre Forderungen zu verhandeln. Dort gaben sich die Bauern auch eine Bundesordnung und verfassten die „Zwölf Artikel“. Zentrale Positionen darin waren Freiheit und Menschenwürde. So sollte etwa die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben und sie somit zu freien Menschen werden. Abgaben sollten reduziert, die Jagd und Fischerei erlaubt werden und der dörfliche Gemeindebesitz (Almende) wiederhergestellt werden. Neben der demokratischen Wahl des Gemeindepfarrers wurde eine unabhängige Justiz gefordert. Das Evangelium sollte der Maßstab für eine gerechte Gesellschaft sein.

Margarete Renner und Martin Luther

Auch im Neckartal und im Odenwald bildeten sich Bauernhaufen. Letzterer wurde von Margarete Renner, der „schwarzen Hofmännin“, angeführt. Bei der „Weinsberger Bluttat“ töteten die Bauern den Grafen Ludwig von Helfenstein samt seinen Rittern, nachdem sich diese ihnen ergeben hatten. Als Reaktion darauf schrieb Martin Luther seine Schrift „Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bauern“. Darin forderte er, man solle die Aufständischen würgen und stechen und wie tolle Hunde erschlagen. Denn es gäbe nichts teuflischeres als einen aufrührerischen Menschen.

Niederlage und Hinrichtung

Während sich die Ritter Götz von Berlichingen und Florian Geyer den Bauern anschlossen, beauftragte Erzherzog Ferdinand den Feldhauptmann Georg Truchsess von Waldburg mit der Niederschlagung der Aufständischen und warb Landsknechte an. Waldburg, der bald 10.000 Mann unter Waffen hatte, verhandelte mit den Bauern und schloss Waffenstillstände. Diese brach er zu gegebener Zeit, um die einzelnen Haufen getrennt voneinander zu schlagen. Die überlebenden Bauern wurden meist gefoltert oder hingerichtet.

Thomas Müntzer

In Thüringen stellte sich der Theologe Thomas Müntzer, der seine Gottesdienste in deutscher Sprache hielt, auf die Seite der Unterdrückten. 1524 hatte er den Herzog Johann in seiner „Fürstenpredigt“ zum freiwilligen Machtverzicht der Obrigkeit aufgefordert. Martin Luther bezeichnete Müntzer darauf hin als einen „Satan“. In Mühlhausen gründete Müntzer den bewaffneten „Ewigen Bund Gottes“. Am 17. März 1525 wurde der Stadtrat abgesetzt und die Abschaffung aller Obrigkeit sowie die Einziehung kirchlicher Besitztümer verkündet. In der Schlacht bei Frankenhausen wurden die Aufständischen durch ein Fürstenheer jedoch vollständig besiegt, Müntzer gefangengenommen und wenig später hingerichtet.

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