Räte gegen die Klimakatastrophe

26. Januar 2024  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Die Linke

Die Befeuerung der Klimakrise durch das kapitalistische Wirtschaftssystem und die ökologische Umwandlung durch Transformationsräte waren Thema einer Debatte. Das Podiumsgespräch war Teil der Veranstaltung „Europa den Räten“, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert wurde.

Radikal in Wirtschaft eingreifen

Kapitalismus, der nicht von Politik und Demokratie eingehegt werde, führe automatisch in die ökologische Klimakatastrophe, ist sich IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban sicher. Sozialdemokratische Reformen könnten die aktuellen Krisen nicht mehr lösen. „Es braucht eine radikale Form, die in die ökonomischen Verhältnisse eingreift“, sagte er. Beispielhaft dafür könnten Transformationsräte sein, die die Entscheidung nach ökologisch-nachhaltiger Produktion nicht mehr dem freien Markt überließen. In diesen außerbetrieblichen Räten hätten all die Gruppen Mitspracherecht, die von den wirtschaftlichen Entscheidungen auch betroffen seien.

Regionale Vergesellschaftung

„Das ist einerseits mehr als ein kommunaler Entwicklungsbeirat, andererseits weniger als ein Arbeiter*innen- und Soldat*innenrat“, bilanziert Urban. Doch sei hier die Wahrscheinlichkeit für Wandel höher, da Lohnabhängige, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in den Räten vertreten seien. „Entscheidungen müssen auf regionaler Ebene vergesellschaftet werden“, forderte er. Solch ein nichtkapitalistisches Wirtschaftsmodell sei demokratisch begründet, beute keine anderen Weltregionen aus und ermögliche wirklichen Fortschritt. Und es mache den beteiligten Menschen Selbstwirksamkeit erlebbar, so dass sie eine Gegenmacht zum Kapital darstellen könnten.

Klassengesellschaft und Klimakrise

„Wir leben in einer antagonistischen Klassengesellschaft“, stellte die RLS-Teamerin Debora Darabi fest. Es würden extra Bedürfnisse geschaffen, um diese zu erfüllen, obwohl die eigentlichen Wünsche schon gesättigt seien. „Die Folgen sind Umweltzerstörung und Millionen von Klimaflüchtlinge“, sprach die die Konsequenzen der Konsumgesellschaft an. Doch Widerstand gegen dieses System käme nicht einfach so daher. „Es ist der jahrzehntelangen sozialistischen Bewusstseinsmachung der SPD zu verdanken, dass die Matrosen den Kriegsdienst verweigert und den Kaiser gestürzt haben“, nahm sie auf die Schrift „Unser Programm und die politische Situation“ von Rosa Luxemburg aus dem Dezember 1918 Bezug.

Politik weiß Bescheid

Kritik übte sie an den gewählten Entscheidungsträger*innen. „Die wissenschaftliche Richtigkeit des Klimawandels ist seit Jahrzehnten bewiesen“, sagte sie. Da brauche es keinen zivilen Ungehorsam wie Rollbahn-Besetzungen oder Straßenblockaden, um die Politik davon zu überzeugen. Auch führe der Klimawandel zu einer Vielzahl von psychischen Störungen, von denen besonders finanziell schwache Menschen betroffen seien. „Obwohl wir in einer bürgerlichen Demokratie leben, ist es mit Freiheit und Gleichheit nicht weit her“, kritisierte Darabi die soziale Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.

Bundesregierung und Lobbyinteressen

Lina Johnsen von der Letzten Generation erklärte, dass man die Demokratie grundlegend umbauen müsse, da die jetzige Form zu Klimakatastrophe und rechtsautoritärer Politik führten. „Die Mehrheit der Bevölkerung will ein Tempolimit auf Autobahnen und das 9-Euro-Ticket“, rief sie in Erinnerung. Doch die Ampel-Regierung setze dies nicht um, da hinter ihr die Lobbyinteressen der Automobilindustrie stünden – nicht jedoch der Wille der Menschen.

Parteien unter Druck setzen

Die Letzte Generation fordere, dass die Bundesrepublik ab 2030 keine fossilen Energieträger verwende. „Wir wollen der Regierung einen Gesellschaftsrat zur Seite stellen, der einen sozialverträglichen Ausstieg entwirft“, erläuterte sie. Denn alleine werde die Koalition nicht auf Öl, Kohle und Gas verzichten. Solch ein Rat könne die notwendigen Lösungen erarbeiten, da sich in ihm die unterschiedlichsten Menschen kennenlernen und füreinander Verständnis entwickeln könnten. „Es braucht eine Massenbewegung, die die Parteien unter Druck setzt“, appellierte Johnsen.

Revolutionäre Situation ermöglichen

Dies sah auch die frühere DDR-Oppositionelle Renate Hürtgen so. „Es braucht aktive Massen, die ihre Ansprüche einfordern“, erklärte sie. Im Zeichen der Klimakrise sei ein radikal-revolutionärer Umbruch nötig, im Zuge dessen wir auch unser gesamtes konsumorientiertes Leben ändern müssten. Um dies zu ermöglichen, müsse man jedoch auch Lernräume schaffen, um solch eine revolutionäre Situation erst zu ermöglichen.

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