Sabine Hark: Zerstörte Universität

06. Juni 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Prof. Sabine Hark (interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung TU Berlin und Leiterin des ZIFG), Foto: www.stephan-roehl.de

Befristungsunwesen, unsichere Zukunftsaussichten und massive Geschlechterungleichheit sind Merkmale deutscher Universitäten. Sabine Hark sprach in ihrem Vortrag „Etwas ist faul im Staate… Zerstörte Universität“ über die Probleme im Hochschulwesen. Die Veranstaltung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Bund demokratischer Wissenschaftler*innen.

Befristete Arbeitsverhältnisse

„90 Prozent der Wissenschaftler*innen unter 45 Jahren sind befristet angestellt“, erklärte Hark. Denn die verbeamteten Professor*innenstellen auf Lebenszeit, die eine dauerhafte Jobgarantie versprächen, seien im deutschen Bildungswesen sehr rar gesät. Und das Tenure-Track-Verfahren aus dem US-amerikanischen Raum, das jungen Wissenschaftler*innen den Zugang zu einer professoralen Stelle ermöglicht, sei in Deutschland nicht wirklich angekommen. „Wenn man nach 12 Jahren die unbefristete Professur nicht erreicht, droht der Gang zum Jobcenter“, bilanzierte die Leiterin des Zentrums für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der FU Berlin.

Männer in Führungspositionen

2021 versammelten sich tausende prekarisierte Wissenschaftler*innen unter dem Hashtag „Ich bin Hanna“, um auf ihre finanzielle unsichere Lage aufmerksam zu machen. Doch nicht nur der universitäre Mittelbau ist von Existenzsorgen betroffen. In der Verwaltung arbeiten meist Frauen in Teilzeit, deren Einkommen kaum für die ortsüblichen Mieten reicht. Und obwohl die Mehrheit der Studierenden weiblich ist und fast die Hälfte der Promotionen von Wissenschaftlerinnen stammt, sind nur 30 Prozent der Professuren mit Frauen besetzt. „Der klassische Uni-Präsident ist ein 59-jähriger Mann aus Westdeutschland“, stellte Hark fest.

Konformität der Vergleichbarkeit

„Migrantische Personen putzen zwar nachts die Hochschule, sind in Führungspositionen bei Forschung und Lehre jedoch kaum anzutreffen“, sagte die die Soziologieprofessorin. Vor zwei Jahren gab es unter den 430 Universitäten und Hochschulen beispielsweise nur vier, deren Präsident*innen nicht in Deutschland geboren waren. Die Konkurrenz um die wenigen offenen Stellen im System führe zu Druck. Um eine möglichst lange Publikationsliste zu erhalten, würden kritische Themen gegebenenfalls nicht thematisiert, um im Mainstream der Wissenschaft eine höhere Chance auf Veröffentlichung zu erhalten. Auch beeinträchtige das Angewiesensein auf weitere Anschlussfinanzierungen eine kritische Forschung.

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