Filme als stabilisierende Produkte des Wirtschaftssystems, die sich ihrerseits möglichst gut verkaufen wollen oder kritisches Material gegen herrschende Gesellschaftsbilder – diese Bandbreite machte Wolfgang M. Schmitt bei der Veranstaltung „Wie würde Marx Filme schauen?“ aus. Organisiert wurde sie von der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Für Geld tue ich alles
Nach einem anstrengenden Arbeitstag anderen Menschen zusehen, wie sie öffentlich gedemütigt werden, um an Geld zu kommen. Mit diesem Format lockt die Pro Sieben-Serie „Balls – Für Geld mache ich alles“ und erzielt damit hohe Einschaltquoten unter den Zuschauer*innen. Ein Grund ist Schmitt zufolge, dass man so die Probleme, die die eigene Lohnarbeit mit sich bringt, leichter verwinden kann.
Glück heißt Investmentpapiere
Doch die kapitalistische Verwertungslogik ist noch in vielen anderen Facetten sichtbar. Als neoliberale Erfolgsgeschichte etwa in „Das Streben nach Glück“ (2006), in der Will Smith einen mittellosen Handelsvertreter spielt, der nach der Lektüre des Buches „Das Geheimnis der Wertpapiere“ und einer entbehrungsreichen Zeit als Mitarbeiter einer Investmentfirma eingestellt wird.
Lüge und Outsourcing
Kritischer ist die Komödie „Der Dummschwätzer“ (1997) mit Jim Carrey, in der dieser als Rechtsanwalt fungiert, der nicht lügen darf. So wird ein kapitalistisches System gezeigt, in dem die eigene Vorteilsnahme und der Betrug zum guten Ton gehören. „The Avengers“ sieht Schmitt, der den YouTube-Kanal „Die Filmanalyse“ betreibt, als ein Superhelden-Kartell, das sich gegen gegnerische „Konzerne“ zur Wehr setzt. Während Hauptdarsteller*innen der Comic-Verfilmungen hohe Gagen erhalten, werden Special Effects hingegen aus Lohnkostengründen nicht in Hollywood, sondern in Indien produziert.
Leistungsgesellschaft mit Revolver
Da Filme selbst kapitalistische Produkte sind, müssen sie – sofern es keine unabhängigen Filmförderungen gibt – die Bedürfnisse und den Geschmack des Publikums bedienen, um ihre Produktionskosten hereinzuspielen und irgendwann selbst Gewinne abzuwerfen. Doch können Filme auch mit gesellschaftlichen Strukturen brechen. Während die Western der 50er Jahre das Leistungsideal des anständigen und tüchtigen Cowboys hochhielten, jedoch die Ausbeutung der Viehtreiber durch die reichen Rinderbarone ebenso ignorierten wie die Unterdrückung der Native Americans, änderte sich das mit dem Aufkommen der Italo-Western. Diese brachten gesellschaftliche Ungerechtigkeit und Gewalt offen auf die Leinwand.
Schattenseiten des Kapitalismus
Eine Abkehr vom neoliberalen Weltbild sieht der Filmkritiker in Zuge der Finanzkrise von 2008, die zu Filmen wie The Wolf of Wall Street (2013) führte. Kapitalismuskritik und Klassenverhältnisse seien etwa auch in der südkoreanischen Produktion „Parasite“ (2019) Thema. Doch da in dem Spielfilm der gesellschaftliche Aufstieg durch die Habitusübernahme der reicheren Familie geschehe, sei die Handlung wenig realistisch, kritisierte Schmitt.
Weiterführende Links:
- RLS (22.5.2020): Wie würde Marx Filme schauen? Einführung in die marxistische Filmanalyse – https://www.youtube.com/watch?v=kCAfmaldF0k
- Wolfgang M. Schmitt – https://wolfgangmschmitt.de/
- Die Linke SC-RH (13.12.2021): Franz Josef Degenhardt. Musikalischer Klassenkampf – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/kultur/franz-josef-degenhardt-musikalischer-klassenkampf/