Friedensgespräche im Ukraine-Krieg?

27. April 2023  International
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung, CC BY 3.0

Welche Bedingungen müssen erfolgreiche Friedensgespräche erfüllen und sind diese im Ukraine-Krieg umsetzbar? Mit dieser Frage beschäftigte sich die erste Folge des friedenspolitischen Podcasts „dis:arm“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Vielschichtiger Nordirland-Konflikt

Die Friedensforscherin Corinna Hauswedell hat sich viel mit dem „Nordirland-Konflikt“ beschäftigt, der über 3.500 Menschen das Leben kostete. Der Konflikt zweier Bevölkerungsgruppen (katholische Republikaner, protestantische Loyalisten) war gleichzeitig eine Auseinandersetzung zwischen Irland und Großbritannien, da es auch um die Vereinigung Irlands mit dem britischen Nordirland ging. Im britischen Nordirland waren die Katholiken in der Minderheit, was zu massiver Diskriminierung führte. „In den Auseinandersetzungen ging es um Minderheitenrechte, Arbeitsplätze und politische Teilhabe der katholischen Bevölkerung“, erklärte Hauswedell.

Keine Versöhnung trotz Abkommen

Nach fast 30 Jahren kam es mit dem „Karfreitagsabkommen“ 1998 zu einem Waffenstillstand der verfeindeten Gruppierungen. „Bei der Bevölkerung herrschte Kriegsmüdigkeit, aber auch die britische Armee und die IRA erkannten, dass der Konflikt militärisch nicht zu gewinnen war“, erläuterte sie. Da die USA beide Seiten zu einer Beendigung der Kampfhandlungen drängten, konnte das Abkommen geschlossen werden. Doch auch 25 Jahre danach trennen stacheldrahtbewehrte „Friedenswälle“ katholische und protestantische Viertel, liegt die Zahl der überkonfessionellen Ehen bei lediglich sieben Prozent.

Führung muss Frieden wollen

Elisa Satjukow, die sich mit dem Kosovo-Krieg auseinandergesetzt hat, verwies bei Verhandlungen auf den „reifen Moment“. Dieser trete ein, wenn die politische und militärische Führung beider Parteien anerkenne, dass der Krieg nicht mehr mit militärischen Mitteln zu gewinnen sei. Davon grenzte sie die „Kriegsmündigkeit“ ab, in der die Zivilbevölkerung – fernab jeder politischer Entscheidungsgewalt – ein Ende des Tötens fordere. „Die Verantwortung für den Frieden liegt bei beiden kriegsführenden Parteien“, machte Satjukow die wichtige Rolle der politischen Entscheidungsträger deutlich.

Gespräche mit Putin sinnlos?

„96 Prozent der Ukrainer*innen sind der Meinung, dass sich Verhandlungen mit Russland nicht lohnen“, erläuterte Stanislav Serhijenko aus der ukrainischen Linken. Doch auch Putin müsste für Friedensgespräche empfänglich sein. In China als einen „neutralen Vermittler“ setzte er keine großen Hoffnungen. Denn die Volksrepublik profitiere vielmehr von dem Krieg. Auch verpflichte der von ihr vorgelegte „Friedensplan“ zu nichts, kritisierte Serhijenko.

Ist Brasilien ein Vermittler?

Andreas Behn vom RLS-Büro Brasilien hob die Rolle des brasilianischen Präsidenten Lula hervor. Dieser habe mit Vertreter*innen der verschiedenen Staaten gesprochen (u.a. Russland, China, USA), die seiner Position als Vermittler positiv gegenüberstünden. „Das könnte vielleicht der Ausgangspunkt für Friedensgespräche sein“, überlegte er.

Soziale Punkte durchsetzen

Einen erfolgreichen Friedensschluss nannte Sabine Kurtenbach: Von den 60er Jahren bis 2016 habe in Kolumbien ein grausamer Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und der FARC getobt. Auslöser sei vor allem die Ungleichheit zwischen Großgrundbesitzern und der landlosen Bevölkerung gewesen. Neben der Entwaffnung der Paramilitärs sei auch eine Landreform vorgesehen, erläuterte sie. Zudem stünden die Opfer von erlittener Gewalt im Mittelpunkt. „Die Zivilbevölkerung muss beteiligt werden, damit ein dauerhafter Frieden erreicht wird“, sagte sie zu dem ganzheitlich gedachten Abkommen.

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