Klaus Dörre über Rechtspopulismus und Gewerkschaft

23. Januar 2023  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Rechtspopulismus wendet sich gegen eine plurale Gesellschaft. (Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg)

Auf die Gefahren von sozialer Ungleichheit und ökologischer Krise hat der Rechtspopulismus eine allzu einfache Antwort, warnte Klaus Dörre. Doch dies verfange aufgrund einer tiefsitzenden Enttäuschung der Menschen. Hier müssten linke Perspektiven ansetzen und einen besseren Gesellschaftsentwurf bieten, forderte er.

Ungleichheit in Deutschland steigt

„Die Lohnquote sinkt kontinuierlich, dafür steigen die CO2-Emissionen in nie gekannte Höhen“, warnte der Wissenschaftler bei der 4. Konferenz gewerkschaftlicher Erneuerung. Dass Geld in Deutschland ungleich verteilt ist, stellte auch die Tagesschau (16.01.2022) heraus. So gingen 81 Prozent des gesamten Vermögenszuwachses zwischen 2020 und 2021 an das reichste Prozent der Bevölkerung. Die restlichen 19 Prozent entfielen auf alle anderen 99 Prozent.

Hilfe nur für Deutsche

„Die rechtspopulistische Antwort auf die Soziale Frage ist eine angeblich nationale Lösung“, erläuterte Dörre. So sähe das Rentenkonzept der AfD ein Rentenniveau von 52 Prozent vor – allerdings nur für deutsche Staatsbürger. Nichtdeutsche Kolleg*innen, die ebenso in der Fabrik arbeiten, haben für die Partei keinen Wert. „Das Volk wird als homogene Masse gedacht“, erklärte er die nationalistische Sichtweise.

Keine Hoffnung auf Aufstieg

Seine Umfragen hatten ergeben, dass sich Arbeiter*innen oftmals zur „Mitte“ zählten, allerdings keine sozialen Aufstiegschancen, dafür aber den Abstieg – etwa als Leiharbeiter*in oder Hartz-IV-Empfänger*in – vor Augen hätten. „Die Betroffenen werten Randgruppen wie Flüchtlinge oder Ausländer ab, um ein besseres Selbstwertgefühl zu haben“, beschrieb der Soziologe die Reaktion mit der eigenen Unsicherheit.

Fremdenhass statt Kapitalismus abschaffen?

Viele der Befragten hatten das Gefühl, nur ständig Opfer gebracht zu haben – beispielsweise in den Jahren nach der Wiedervereinigung oder während der Finanzkrise 2008. Doch das kontinuierliche Bemühen wurde nie mit sozialem Aufstieg belohnt. „Dann kommen 2015 die Flüchtlinge, denen man scheinbar alles gibt, ohne dass sie etwas leisten müssen“, skizzierte Dörre die empfundene Ungerechtigkeit, die Menschen empfänglich für Rechtspopulismus macht. Der Trugschluss sei jedoch, dass die Flüchtlinge und nicht die eigene kapitalistische Ausbeutung im Neoliberalismus als Problem gesehen werde.

Demokratische Wirtschaft nötig

„Die Linke muss mit ihrem ökologisch-sozialen Plan einen besseren Gesellschaftsentwurf bieten als der rechte Protektionismus“, forderte der Wissenschaftler. Nötig sei die Neuverteilung von Entscheidungen hin zu einem demokratischen Wirtschaftssystem. „Die Arbeiter*innen selbst sollen mitbestimmen, was produziert wird und wie die Gewinne verteilt werden“, gab er einen Ausblick.

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