Chancen und Risiken der sozial-ökologischen Transformation

26. April 2024  Europa
Geschrieben von Kreisverband

Das Steinkohlekraftwerk Zolling im Landkreis Freising ist seit 1986 am Netz. (Wikimedia Vuxi, CC BY-SA 4.0)

Die Erfolge des CO2– Zertifikathandels, aber auch Probleme bei nachhaltigen E-Autos und umweltschonend hergestellten Solarzellen war Thema bei dem Vortrag „Notwendige Schritte zu einer sozialökologischen Transformation auf der Ebene der EU“. Dieser wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) organisiert.

CO2-Kosten wirken

Ein Werkzeug zur europaweiten Reduzierung der CO2-Emissionen ist der Zertifikathandel. Stufenweise werden die kostenlose Bescheinigungen verschwinden. „Heute ist ein Zertifikat 86 Euro wert“, erläutert Uwe Witt den aktuellen Stand. Werde diese Strategie weiterverfolgt, kann die Null-Emissions-Grenze 2039 erreicht werden. Schließlich lasse der radikale Eingriff in die Wirtschaft den CO2-ausstoßenden Konzernen keine anderen Ausweg als Einsparung oder teuren Zertifikate-Kauf. „Die kohlestromnutzende Industrie könnte aus kostentechnischen Gründen für einen Kohleausstieg ab 2023 eintreten“, überlegte der RLS-Referent für sozial-ökologische Transformation.

Soziale Umlage nötig

Ursprünglich sollten die Einnahmen aus dem Zertifikathandeln in einen Klimafonds gehen, Dadurch hätten vor allem Menschen profitiert, die von Energie- und Verkehrsarmut betroffen gewesen wären. [Wegen dem Urteil des Verfassungsgerichts wurden statt dem Klimageld jedoch Wärmepumpen für Eigenheimbesitzer*innen daraus finanziert] Doch es gibt noch einen zweiten Haken. „Bei Verkehr und Wohnen müsste der Preis pro Tonne CO2 bei 200 Euro statt bisher 50 Euro liegen“, mahnte Witt an. Nur so könnte man markttechnisch etwas bewirken. „Legt man diese Kosten jedoch einfach auf die Bürger*innen um, wäre es eine Katastrophe“, sagt er.

„Menschenrechte kein Thema“

Zwar seien die erneuerbaren Energien in der EU auf 21 Prozent gestiegen, doch läge das Ziel bei 45 Prozent. Allerdings werde die Frage, wie die für Solarpanele und Windkraftanlagen benötigten Ressourcen nachhaltig gewonnen werden sollen, beiseite geschoben. Der Critical Raw Act klassifiziere, was als kritische Rohstoffe gelte und aus welchen Ländern sie zu beschaffen seien. „Umwelt- und Menschenrechte sind dabei kein Thema“, so sein bitteres Fazit. Vielmehr hätte sich die neoliberale Sichtweise durchgesetzt.

Keine Kreislaufwirtschaft

Kritisch sah Witt auch die Bemühungen um eine europäische Kreislaufwirtschaft. „Mit 10 Milliarden Euro hätte eine bessere Nutzung, längere Lebensdauer und geringere Müllproduktion von Gütern vorangetrieben werden können“, erklärte er. Doch habe es in den vergangenen Jahren in Sachen nachhaltigen Wirtschaftens keinerlei Fortschritte gegeben. Unter diesen Umständen sei es illusorisch, dass man die Menge des wiederverwerteten Materials bis 2030 verdoppeln könne. Ebensowenig werde mit einer Reduzierung des CO2-Ausstoßs um 55 Prozent (im Vergleich zu 1990) das 1,5 Grad-Ziel erreicht.

Deutlich weniger Individualverkehr

Positiv bewertete er jedoch das Aus für den Verbrenner-Pkw bis 2035. „Das ist ein großer Erfolg – auch, wenn Klaus Ernst das nicht so sieht“, kommentierte Witt. Zugleich müsse die Anzahl der – nun elektrisch betriebenen – Autos in Europa auf 30 Prozent des aktuellen Standes reduziert werden. Für mehr reichten schlichtweg die Ressourcen an Lithium und Kobalt nicht. Als Nachteil empfand er hingegen das Verbot für fossile Heizungen, das erst 2040 gültig wäre. Ebenso hätte er sich eine andere Schwerpunktsetzung bei energetischen Sanierungen gewünscht. „Hätte man zuerst Gebäude mit schlechter Energieeffizienz saniert, hätten vor allem Geringverdienende profitiert“, betonte er. Doch da in Deutschland der Fokus auf Neubauten gelegt würden, käme der kaum gedämmte Altbestand aus dem Blick – zu Lasten derer, die sich sowieso keine hohen Heizkosten leisten könnten.

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