EU: Der elektrifizierte Kapitalismus

22. April 2024  Europa
Geschrieben von Kreisverband

Blick über die Greenbushes Mine, West-Australien. In ihr wird Lithium abgebaut. (Wikimedia Orderinchaos, CC BY-SA 4.0)

Kritik an der Elektrifizierung des Kapitalismus durch den European Green New Deal und den weiter voranschreitenden Raubbau, anstatt auf Ressourcen- und Emissionseinsparungen zu setzen, war die Kernbotschaft von Birgit Mahnkopf. Ihr Vortrag „Zur Kritik des «Green Deal» und der «geopolitischen» EU“ wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Ein marktkonformer Deal

Die bisherigen Konzepte der Energiewende gingen mit einem gigantischen Ressourcenverbrauch einher, bilanzierte Birgit Mahnkopf. „Der Verbrauch der EU müsste sich um die Hälfte reduzieren“, forderte sie. Doch würden die marktkonformen Mechanismen des European Green New Deal nicht zu der nötigen CO2-Reduktion führen. Vielmehr sei der Abbau von Materialien, die zum Bau von Batterien und somit zur Elektrifizierung von Verkehr und Wärme notwendig seien, eine enorme Belastung für den Planeten. Der UN-Production-Gap-Report 2023 habe aufgezeigt, dass zahlreiche EU-Staaten Maßnahmen planten, die zu einem Anstieg der Kohle-, Öl- und Gasproduktion führten.

1,5 Grad-Ziel nicht mehr möglich

Mahnkopf, die Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von attac ist, zitierte den UN-Emission-Gap-Report, der für das Jahr 2100 eine durchschnittliche Erwärmung von 3 Grad vorhersah. „So heiß war die Erde das letzte Mal vor 3 Millionen Jahren“, zog sie einen Vergleich. Durch die Erwärmung würden noch mehr Erdsysteme kollabieren als bisher angenommen. „Kein einziges großes Industrieland hat seine Emissionen so reduziert, dass das 1,5 Grad-Ziel 2030 zu erreichen wäre“, zog die Wissenschaftlerin die bittere Bilanz. Wolle man die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen, müsste der CO2-Ausstoß in den nächsten sieben Jahren um 30 Prozent verringert werden.

Kein Wort über Einschränkung

Das EU-Parlament lehnte ein Gesetz zum Verbot von Pestiziden ebenso ab wie einen Antrag, der vorsah, die aktuelle Müllmenge pro Kopf von 200 Kilogramm zu reduzieren. Ebenso wenig will der European Green New Deal den exzessiven Konsum tierischer Produkte einschränken. Eine Änderung der Subventionen für konventionelle Landwirtschaft scheint genauso wenig in Sicht zu sein wie eine ökologische Verkehrswende. „Die Verringerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs stand nie zur Debatte“, kritisierte Mahnkopf die Staatengemeinschaft.

Kohlestrom für Deutschland

Einzig Dänemark, die Niederlande und Spanien würden die festgesetzten Ziele beim Ausbau von Wind- und Solarenergie erreichen. „Sieben EU-Staaten werden 2030 verantwortlich für 90 Prozent des Kohlestroms sein“, erklärte sie. Dies seien Deutschland, Polen, Tschechien sowie einige kleine osteuropäische Länder. Darüber hinaus werde der Gasverbrauch von Deutschland, Italien und Belgien massiv anwachsen. „Die Elektrifizierung des Kapitalismus wird mit schmutzigem Strom betrieben“, kommentierte sie die fossile Energiegewinnung. Dies sei möglich, weil CO2, das bei der Förderung von Gas entstehe, im Boden oder unter dem Meeresgrund gespeichert werden könnte und das Gas somit als „sauber“ gelte. Das Gleiche gelte auf Drängen Frankreichs für die Atomenergie, dessen Meiler meist mit Uran aus Russland betrieben würden.

Raubbau für Batterien

Die Umstellung auf E-Mobilität führe dazu, dass der Bedarf von Graphit, Lithium und Kobalt bis 2050 um 450 Prozent ansteigen werde. Auch bräuchte die Industrie enorme Mengen an Aluminium, Kupfer oder Nickel. „Der Abbau dieser Rohstoffe ist ressourcenintensiv und verursacht viele Emissionen“, warnte Mahnkopf. Doch auch jenseits des dadurch verursachten Raubbaus sah sie die Selbstversorgung der EU mit Batteriezellen, Solarpaneelen oder Windkraftanlagen schwierig. Denn schließlich sei nicht die EU Hauptproduzent dieser Güter, sondern die Volksrepublik China, die über 80 Prozent der weltweiten Batterien für E-Autos oder Solarzellen herstelle.

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