Rosalux History: Die extreme Rechte nach 1945

16. Juli 2023  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Bild: RLS, CC BY-NC-ND 3.0

Von der Sozialistischen Reichspartei über NPD, AfD und NSU – die Kontinuität rechtsextremen Denkens von 1945 bis in unsere Gegenwart zeichnet die 23. Folge des Geschichtspodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung nach.

Die Union und die Nazis

Nach dem Verbot der NSDAP gründet sich 1949 als deren Nachfolgeorganisation die Sozialistische Reichspartei (SRP), die 1951 mit 11 bzw. 8 Prozent in die Landesparlamente von Niedersachsen und Bremen einzieht. Zwar verbietet das Bundesverfassungsgericht die verfassungsfeindliche Partei, doch waren viele NSDAP-Mitglieder zuvor schon in die Union oder die FDP eingetreten. Vertriebenenverbände dienen als Lobbyorganisationen, um ein Deutschland in den Grenzen von 1937 zu fordern.

Faschist im Kanzleramt

Mit dem Amnestiegesetz von 1954 kehrt eine Vielzahl von früheren NS-Beamten wieder in den Staatsdienst zurück. 1957 beträgt der Anteil der NSDAP-Angehörigen im Bonner Justizministerium etwa 77 Prozent, bei den Karlsruher Bundesanwälten sogar 90 Prozent. Konrad Adenauer ernennt den Mitverfasser der Nürnberger Rassegesetze Hans Globke zu seinem Kanzleramtschef. Mit Reinhard Gehlen wird ein einstiger Generalmajor der Wehrmacht Präsident des Bundesnachrichtendienstes.

Attentate und Morde

1964 gründet sich die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die nach der Bildung der Großen Koalition viele Stimmen aus dem konservativen Unionslager erhält. 1966 ist die Partei, die einen nationalrevolutionären Nationalismus propagiert, in sechs Landtagen mit Fraktionsstärke vertreten. In den 70er Jahren bilden sich Wehrsportgruppen wie die des Nürnbergers Karl-Heinz Hoffmann.

Am 26. September 1980 verübt ein früheres Mitglied der Gruppe einen Sprengstoffanschlag auf das Münchener Oktoberfest, bei dem 13 Menschen sterben und über 200 verletzt werden. Wenig später ermordet ein anderes Mitglied in Erlangen den Rabbiner Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke.

Gegen Ausländer und Migration

Im August 1980 begeht die „Deutsche Aktionsfront“ in Hamburg einen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft. Die beiden Vietnamesen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân sterben. Im gleichen Jahr bildet sich in Nordrheinwestfalen die erste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BA), die schon bald in der ganzen Bundesrepublik Nachahmer findet. Aus Frankreich verbreitet sich unter Alain de Benoist die „Neue Rechte“ in Deutschland, die gemäß der Kulturellen Hegemonie rechte Denkmuster in der Gesellschaft etablieren will. Der Front National und die Identitäre Bewegung (IB) greifen dies auf und attackieren die Vorstellung einer multikulturellen Gesellschaft.

Republikaner und Volksunion

Statt des biologischen Rassismus der Nationalsozialisten wird nun ein „kultureller Ethnopluralismus“ propagiert. So sollen homogene Völker in einer heterogenen Welt geschaffen werden. Dieses Denken wendet sich massiv gegen Migration, da durch Einwanderung die Reinheit des eigenen Volkes zersetzt werde. 1983 kommt es mit den Republikanern, einer CSU-Abspaltung des einstigen BR-Journalisten Franz Schönhuber, zu einer weiteren rechten Parteigründung. 1989 erhält sie bei der EU-Wahl 7 Prozent und zieht in die Landtage in Baden-Württemberg und Berlin ein. Die Deutsche Volksunion (DVU) erhält 1998 in Sachsen-Anhalt 12,9 Prozent.

Pogrome und NSU

In den 90er Jahren kommt es zur Bildung „Freier Kameradschaften“, autonomer Zusammenschlüsse von Neonazis sowie Pogromen in Hoyerswerda und Rostock, Brandanschlägen mit Todesopfern in Mölln und Solingen und mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zu einer mörderischen Terrorgruppe. Bis 2011 tötet der NSU zehn Menschen und verübt zahlreiche weitere Mordversuche, Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle.

AfD bei 19 Prozent

2013 gründen nationalliberale Volkswirtschaftsprofessoren aus Protest gegen die Euro-Rettung von Griechenland, Italien und Spanien die Alternative für Deutschland (AfD). Bald sitzt die Partei in allen 16 Landesparlamenten sowie dem Bundestag und radikalisiert sich immer mehr in Richtung des völkischen Flügels unter Björn Höcke. Bei Pegida-Demonstrationen oder Corona-Protesten inszeniert die AfD sich als politischer Arm einer Außerparlamentarischen Opposition von rechts. Aktuell liegen ihre Umfragewerte bei 19 Prozent.

Rechtsterrorismus heute

2019 wird der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübke ermordet, weil er sich für Geflüchtete einsetzte. Kurz darauf kommt es in Halle zu einem Anschlag auf eine Synagoge, bei dem zwei Menschen sterben. 2020 ermordet ein Neonazi in Hanau 9 Menschen mit Migrationshintergrund.

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