Demos gegen rechts: Eine Analyse

11. Mai 2024  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Plakate auf der Demonstration in Hof (Saale) am 27. Januar 2024 (Wikimedia PantheraLeo1359531, CC BY 4.0)

Das Potential der Demonstrationen gegen Rechts, das selbst in kleinen Dörfern zu spüren war, und Erklärungsansätze für die große Mobilisierungsfähigkeit waren Thema bei der Diskussion „Proteste gegen Rechts: Was folgt jetzt?“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Größte Demos der Bundesrepublik

Umfragen zeigen, dass 75 Prozent der Bevölkerung die AfD absolut ablehnt“. „Auf der Ebene der Bürger*innen steht die Brandmauer gegen rechts“, erklärte Nils Kumkar. Die Massenproteste hätten erneut gezeigt, dass die bürgerlichen Parteien nicht mit der AfD koalieren sollte, erläuterte der Soziologe. Denn schließlich seien die Demos, die nach dem Bekanntwerden des „Geheimtreffens von Potsdam“ entstanden, die größten Kundgebungen, die es in der Bundesrepublik bisher gegeben habe.

Die Zivilgesellschaft lebt

In vielen Orten seien dadurch die alten Bündnisse gegen rechts zum Tragen gekommen, soziale Bewegungen, Kirchen und Parteien hätten sich schnell zusammengeschlossen, führte der Wissenschaftler der Universität Bremen aus. Vor allem in kleineren Städten sei es zu einer Revitalisierung zivilgesellschaftlicher Strukturen gekommen. „Selbst in ostdeutschen Städten, wo AfD-Kritier*innen in der Defensive sind, finden nun regelmäßige Proteste statt“, wies er auf die langfristigen Folgen hin. Die Menschen hätten durch die Demonstrationen Selbstwirksamkeit erfahren und ein Gespräch zum Umgang mit der AfD sei in Gang gekommen.

Schuld der Bundesregierung

Auch hätten die Umfragewerte der Partei nach den Protesten deutlich nachgegeben. Statt der von der AfD unterstützten Bauernproteste stand plötzlich deren eigener Rechtsextremismus im Fokus. „Alice Weidel hat ihren persönlichen Berater entlassen“, nannte Kumkar eine weitere Konsequenz. Doch hätte es viele Themen, die die AfD zuvor aufgegriffen und skandalisiert hatte, ohne die Kürzungen der Bundesregierung so nicht gegeben. Vor allem der Umgang innerhalb der Ampel-Koalition mit der Schuldenbremse habe die Umfrageergebnisse der AfD befeuert, kritisierte er die Politik der Regierung.

Menschen werden politisiert

Die Zahl der Menschen, die bei den Demos gegen rechts das erste Mal auf die Straße gegangen seien, sei sehr groß gewesen, sagte Lisa Bogerts. In Dörfern, in denen sonst nie demonstriert worden war, hätten sich Versammlungen gebildet. „Menschen, die sich selbst nicht als politisch sehen, wurden dadurch politisiert, erklärte die Protest- und Konfliktforscherin. Denn die Recherchen von Correctiv hätte ihnen gezeigt, was es für Millionen von Menschen bedeuten würde, wenn die AfD an die Macht käme. Selbst Unternehmer*innen positionierten sich mittlerweile gegen die Partei, da ihnen klar werde, was die Folgen deren Politik für ihre ausländischen Fachkräfte oder die exportorientierte Wirtschaft hätte.

Eine breite Projektionsfläche

Einen Ansatz für den großen Zulauf der Demonstrationen sah sie in der Framing-Theorie. Ihr zufolge braucht es einen Bedeutungsrahmen (Frame), um sozialen Wandel und persönliches Aktivwerden anzustoßen. So sei der Schock über die Remigrationspläne für viele ein persönlicher Auslöser gewesen, sich selbst zu positionieren. „Mit dem Eintreten für Demokratie und Vielfalt waren die Proteste sehr breit und positiv aufgeladen“, erläuterte sie. So sei nie flächendeckend ein Verbot der AfD gefordert oder die Migrationspolitik der Ampel-Regierung kritisiert worden. Auch habe sich bei den Demonstrationen der persönliche Schock in eine kollektive Handlungsfähigkeit als Teil einer großen Gemeinschaft gewandelt, erklärte Bogerts.

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