Polizei und/oder Militär?

22. April 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Polizeieinsatz zur Räumung des Dorfes Lützerath, welches von Klimaaktivisten besetzt wurde, um den Abbau von Braunkohle zu verhindern. (Lützi Lebt CC BY-SA 2.0)

Militarisierung von Polizei und Sprachgebrauch waren Thema bei der Veranstaltung „Aufrüsten für die Sicherheit? Die Militarisierung der Polizei“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Pfeife oder Aufstandsbekämpfung

Martin Kirsch von der Informationsstelle Militarisierung gab einen kurzen geschichtlichen Überblick der Polizei. Dabei orientierte er sich an Pete Kraska (Eastern Kenntucky University), der Sicherheitsbehörden auf deren militärischen Anteil hin untersucht hatte. „Bis in die 70er Jahre war der britische Streifenpolizist – „Bobby“ genannt – nur mit einer Trillerpfeife und der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ‚bewaffnet‘“, schilderte Kirsch eine stark zivil geprägte Organisation.

Anders sei es bei der französischen Gendarmerie nationale, die während der Kolonialzeit auch zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt wurde und dem Verteidigungsministerium unterstand. Im Inland nimmt sie auch polizeiliche Aufgaben wahr. Hier sehe man einen hohen Grad an Militarisierung.

GSG 9 und Wackersdorf

Dies war in Deutschland in den Grundzügen ähnlich. So seien in den 50er Jahren der Bundesgrenzschutz sowie die Bereitschaftspolizei als paramilitärische Einheiten zur Landesverteidigung gegründet worden. Das palästinensische Attentat auf die jüdische Olympia-Delegation 1972 sorgte für einen weiteren Schub, in dessen Folge das GSG 9 sowie Spezialeinsatzkommandos militärische Waffen erhielten. In den 80er Jahren kam es zu massiven Auseinandersetzungen mit Bürger*innen, die sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung organisierten.

Die Polizei mit dem Sturmgewehr?

„Der islamistische Anschlag 2015 auf die Redaktion von Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt führten zu einer weiteren Aufrüstung“, bilanzierte Kirsch. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz sprach angesichts der mit Sturmgewehren bewaffneten Dschihadisten davon, „Waffengleichheit“ herzustellen. Die Polizei von Nordrheinwestfalen schaffte sich einen Roboterhund von Boston Dynamics an, weitere Projekte beschäftigen sich mit Drohnen, KI, Überwachungssystemen und Vorhersagesoftware.

Panzerfahrzeug gegen die Antifa

Martina Renner, die für Die Linke im Innenausschuss sitzt, berichtete mit Blick auf die „Berliner Silvesterkrawalle“ aus dem Gremium. Anlässlich einer Verschärfung des Strafrechts sprachen Abgeordnete von „in Hinterhalt locken“ und „unter Feuer nehmen“ von Einsatzkräften, obwohl das Strafrecht diese militärischen Begriffe gar nicht kennt. „Die Polizei Sachsen schaffte sich mit Verweis auf panzerbrechende Geschosse von islamistischen Terroristen gepanzerte Fahrzeuge an“, erläuterte sie. Doch der erste Einsatz des „Survivor R“ war mitnichten ein Bombenanschlag von al-Quaida, sondern eine antifaschistische Kundgebung.

Für wen schafft Polizei Sicherheit?

Lara von der Initiative „Ihr seid keine Sicherheit“ wies darauf hin, dass polizeiliche Repression sich häufig gegen Wohnungslose, von Armut Betroffene oder Migrant*innen richte. „Zwangsräumungen, Racial Profiling, verdachtsunabhängige Kontrollen in sog. kriminalitätsbelasteten Orten“, zählte sie einige Kritikpunkte auf. Für die Aktivistin war klar: „Der Schutz der einen (Kapital-)Gruppe geschieht auf Kosten anderer.“

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