Radikal Konservative und rechte Identität

07. Mai 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Pegida-Demonstration, 15.1.2015 in Dresden. Viele der Demonstrierenden hängen einer rechten Identitätspolitik an. (Kalispera Dell, https://www.panoramio.com/photo/116139835, CC BY 3.0)

Die Gefahren von radikal-populistisch agierenden Konservativen und verzerrte Wahrnehmung durch rechte Identitätspolitik waren Thema bei der Veranstaltung „Rechte Identitätspolitik“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Populismus statt Konsens

„Einige Konservative kündigen den gesellschaftlichen Konsens auf, übernehmen Methoden der extremen Rechten und wollen so an die Macht kommen“, erklärte die Autorin Natascha Strobl das Phänomen des „Radikalen Konservatismus“. Der Grund sei, dass der in der Marktwirtschaft eingehegte Kapitalismus den zahlreichen Krisen nicht mehr gewachsen sei und so die beiden traditionellen Volksparteien – die konservative und sozialdemokratische – massiv an Stimmen verlieren. In diese Lücke wollten Personen wie Donald Trump oder Sebastian Kurz vorstoßen.

Kampf gegen Medien und Justiz

Hauptmerkmal dieser Akteure sei der rechte Kulturkampf, der – wie der gesellschaftliche Regelbruch auch – geradezu ritualisiert werde. „Die Macht wird zentral auf eine Führungsfigur zugeschnitten und die Demokratie somit ausgehöhlt“, erklärte Strobl. Angriffe auf die Justiz, kritische Medien und den Sozialstaat nach dem Vorbild Ungarns seien an der Tagesordnung. Die ständige Mobilisierung der eigenen Wähler*innenschaft erfolge in einer medialen Parallelwelt.

Schwurbeln statt Sozialpolitik

Dank Digitalisierung würden rechte Themen aus den USA auch sehr schnell in Europa aufgegriffen. Die Verbindung von Corona-Leugner*innen und Politik machte Strobl am Beispiel der niederösterreichischen Landesregierung deutlich. Dort hatte der Koalitionsvertrag von Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und Freiheitspartei Österreich (FPÖ) verboten, dass die Regierung jemals für eine Corona-Impfung werben dürfe. Für Opfer von Impfschäden sollte die gewaltige Summe von 30 Millionen Euro bereitgestellt werden. „Statt genügend Kitaplätzen und besserer Pflege übernimmt man Forderungen von Impfgegner*innen“, beschrieb Strobl die politische Agenda.

Opfermythos wiederholen

Tobias Fernholz vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft erläuterte die Funktionsweise rechter Identitätspolitik. „Aus Angst vor Privilegienverlust stilisieren sie sich oftmals als Opfer einer linken Elite“, erklärte der Wissenschaftler. Themen wie „Fleisch-Verbot“ und „Gender-Zwang“ würden so lange wiederholt werden, bis sich das Narrativ verbreite, nicht Migrant*innen oder Frauen seien in unserer Gesellschaft benachteiligt, sondern der weiße, deutsche Mittelstand. Konservative Medien wie „Tichys Einblick“ oder „Die Achse des Guten“ unterstützten diese rechte Identitätspolitik und bestärkten somit die extremen Rechten in ihrem Weltbild, warnte er.

Immer wechselnde Themen

Kerstin Köditz, Linken-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, ging auf die rechten Gruppierungen in ihrem Bundesland ein. „Es sind die gleichen Akteure, die ihre Themen je nach Situation ändern“, sagte sie. So habe die NPD ab 2014 mit „Lichtelläufen“ gegen Flüchtlinge mobil gemacht, 2014 war es Pegida. 2020 war es die drohende „Corona-Diktatur“, zwei Jahre später die hohen Energiepreise im Zuge des Ukraine-Kriegs. Ihrer Einschätzung nach hätten die CDU und AfD im Erscheinungsbild große Schnittmengen. „Alte weiße Männer in Anzügen, die gegen geschlechtergerechte Sprache, aber für das Erziehungsgeld sind“, nannte Köditz Gemeinsamkeiten. So erhalten Familien, die ihre Kinder selbst betreuen, Geld – nicht etwa die Kita zum Ausbau der notwendigen Betreuungsplätze.

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