Migrationsabwehr und Autoritarismus

01. März 2024  Global
Geschrieben von Kreisverband

Grenzzaun zwischen Ceuta und Marokko mit Blick von der spanischen Enklave aus nach Marokko (Bild: Youtryandyoutry, CC BY-SA 4.0)

Der Umgang mit Grenzen ist der zentrale Punkt von Volker Heinz‘ Essay „Hinter Mauern“. Bei einer Veranstaltung von Medico International sprach der Professor für Politikwissenschaft über Migrationsabwehr und eine autoritäre Gesellschaft.

Erfrorene Flüchtlinge „kein Problem“

„Die paar Leute, die jetzt in der Kälte stehen, sind nicht das Problem. Das Problem ist der Erpressungsversuch“, zitierte Heinz den Bundesvorsitzenden der Grünen, Omid Nouripour. Bis zum 29. Oktober 2021 waren mindestens zehn Flüchtlinge im belarussisch-polnischen Grenzgebiet erfroren. Oder, um es mit dem AfD-Politiker Alexander Gauland zu sagen: „Wir müssen die Grenzen dichtmachten. Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.“

Angst schafft Akzeptanz

„Es braucht eine irrationale Angst, damit das Grenzsystem funktioniert“, erläuterte der Wissenschaftler. Denn nur, wenn die Bürger Angst vor „denen da draußen“ hätten, würden sie die Abschottung der Außengrenzen akzeptieren. Dies habe etwa Sigmar Gabriel (SPD) gut auf den Punkt gebracht, als er erklärte, eine zu große Liberalität nach außen könne zum Verlust der inneren führen. „Ich denke, es ist genau anders herum, betonte Heinz.

Flüchtlinge oder Eindringlinge?

Wegen seines Plädoyers für eine offene Gesellschaft habe er zahlreiche Briefe erhalten. So erläuterte ihm eine Lehrerin aus Nordrheinwestfalen, dass die Menschen, die zu uns kämen, eine ganz andere Moral hätten und es deshalb zu einem „Krieg im Kleinen“ komme. Das Wertvollste sei schließlich unsere Land und unsere Kultur. „Warum haben wir nicht das Recht, das zu verteidigen, gegen eindringende Menschen?“, klagte die Verfasserin. „Hier wird die Welt emotional ganz anders wahrgenommen“, sagte Heinz mit Blick auf die unterschiedlichen Standpunkte.

Humankapital oder Waffe

Denn dass sich die Industriestaaten wie die USA, aber auch die Europäische Union mit Gewalt durch Polizei, Militär oder Bürgerwehren gegen Flüchtlinge wenden, stehe außer Frage. So scheine es, dass zwar die ausländische Krankenschwester, der Klempner oder die Erzieherin hier willkommen seien, andere Menschen jedoch nicht. Diese würden vielmehr als eine Gefahr gesehen. „So nutzen Staaten Migration als hybride Waffe“, titelte Die Welt beispielsweise am 1. November 2021.

Flüchtlingshilfe unter Druck

Asylverfahren sollen gezielt ausgelagert werden. So strebt die italienische Regierung unter Giorgia Meloni die Errichtung zweier Abschiebezentren in Albanien an, wobei sie jedoch betont, dass die Europäische Menschenrechtskonvention dabei gewahrt bliebe. In Deutschland sollen aufgrund des Mitte Januar beschlossenen Rückführungsverbesserungsgesetzes Anwält*innen verpflichtet werden, den Wahrheitsgehalt ihrer geflüchteten Mandant*innen zu überprüfen. Die AfD will nicht nur gegen Migrant*innen, sondern auch gegen ihre „inländischen Helfer*innen“ vorgehen.

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