Einen historischen Rückblick auf die Anfänge eines Dialoges zwischen Entwicklungs- und Industrieländern in den 70er Jahren sowie die Frage, ob heute so etwas ebenfalls möglich ist, thematisierte Richard Kozul-Wright. Die Veranstaltung war Teil des Süd-Nord-Dialogs in Brüssel.
Schwächen und Stärken
„Was waren die Umstände, dass es zu einem ernstgemeinten Dialog zwischen dem Süden und dem Norden kam?“, fragte Kozul-Wright. Aus Sicht des Direktors der Abteilung Globalisierung und Entwicklungsstrategien bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung war dies einerseits eine wirtschaftliche Schwäche der USA wie auch das Erstarken der europäischen Volkswirtschaften.
Das Ende der festen Wechselkurse
„Während die Vereinigten Staaten im Zuge des Vietnamkriegs ein immer größeres Handelsdefizit erwirtschafteten, wurden die europäischen Staaten echte Handelspartner“, blickte er zurück. Das langsamere Wachsen der Industriestaaten führte schließlich dazu, dass die USA die Goldbindung des Dollars auflösten und somit die Ära der festen Wechselkurse beendeten. „Das sorgte auf Seiten der Europäer für großen Ärger“, erläuterte er die internationalen Reaktionen.
Charismatische Personen und Allianzen
Führungspersönlichkeiten wie Fidel Castro, Ghandi oder Bhutto versuchten, eine neue wirtschaftliche Erzählung zu etablieren. „Die Entwicklungsländer wollten nicht nur Rohstofflieferanten des Nordens sein, sondern selbst eine industrielle Entwicklung haben“, erklärte Kozul-Wright. Dem stand die europäische Sozialdemokratie sehr aufgeschlossen gegenüber. „Die Niederlande, aber auch Italien, waren bereit, sich auf die Seite der Entwicklungsländer zu stellen“, wies er auf die Bedeutung von kontinentübergreifenden Allianzen hin.
Die Austausch scheitert
Doch der fehlende Zugang zum nördlichen Markt, Probleme beim Technologietransfer sowie der Steuerung der Rohstoffpreise erschwerten das Vorhaben enorm. „Die Diversifizierung der südlichen Volkswirtschaften gestaltete sich aufgrund dessen sehr schwierig“, schilderte er die Widrigkeiten. Doch ist solch eine Kooperation auch heute noch denkbar? „Die Probleme der Gegenwart – Nahrungsmittelmangel, Staatsverschuldung und Klimawandel – sind von einem einzelnen Staat gar nicht lösbar“, wies Kozul-Wright auf die Wichtigkeit internationaler Zusammenarbeit hin.
NGOs statt SPD?
Allerdings fehle es an einer einigenden Erzählung, um zu einer Neuauflage der Neuen Weltwirtschaftsordnung (Raul Prebish) und somit einem inklusiven und nachhaltigen Wirtschaften zu kommen. Aufgrund einer fehlenden Führung und schwacher institutioneller Verankerung sei der Süden fragmentiert. Und auch die heutige Sozialdemokratie sei eher hinderlich für progressive Allianzen. Anders jedoch die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs). „Wir müssen diese Bewegungen in die neue Erzählung miteinbeziehen“, forderte der UN-Verantwortliche.
Weiterführende Links:
- RLS (9.8.2023): Launch of the South-North Dialogue, Richard Kozul-Wright – https://www.youtube.com/watch?v=ZyhsaL0LYu8
- Die Linke SC-RH (16.8.2023): Der Globale Süden braucht Gerechtigkeit – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/global/der-globale-sueden-braucht-gerechtigkeit/
- Deutschlandfunk (12.4.2022): Als der globale Süden eine Neue Weltwirtschaftsordnung forderte – https://www.deutschlandfunk.de/weltwirtschaftsordnung-entwicklungslaender-industrielaender-100.html