Die sozial-ökologische Transformation gestalten

03. August 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Linksfraktion Thüringen

Gefahren des kapitalistischen Raubbaus für unser Weltklima und notwendige Klimafolgen-Anpassungsmaßnahmen waren Thema bei einer Diskussion der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Personen aus Politik, Wissenschaft und sozialen Bewegungen erörterten, wie eine linke sozial-ökologische Transformation aussehen könnte.

Gewalt und Umweltzerstörung

Sabrina Fernandes, ökosozialistische Aktivistin aus Brasilien, gab Einblicke in die aktuellen gesellschaftlichen Kämpfe des südamerikanischen Landes. „Unter Präsident Jair Bolsonaro kam es zu großflächigen Abholzungen im Amazonasgebiet“, sagte die Aktivistin über die „Grüne Lunge“ des Planeten. Der kapitalistische Raubbau führe dazu, dass unter großen Umweltschäden Öl, verschiedene Erden, Rindfleisch und Getreide auch in die Europäische Union exportiert würden. Kritiker*innen des Systems hätten es sehr schwer. So führte Bolsonaros Liberalisierung des Waffenrechts dazu, dass die Anzahl der Schusswaffen in dem Land enorm anstieg. Viele Waffen kämen bei Streitigkeiten um Land mit der indigenen Bevölkerung zum Einsatz. Vor wenigen Tagen waren die Leichen des britischen „Guardian“-Journalisten Dom Phhillips und des Indigenen-Experten Bruno Pereira gefunden worden. „Brasilien belegt bei der Zahl der ermordeten Aktivist*innen den Listenplatz fünf“, verdeutlichte Fernandes das Ausmaß der Gewalt gegen die Zivilgesellschaft.

Kampfjets statt Getreidesäcke

„Es braucht einen sozialen, ökologischen und demokratischen Umbau der Gesellschaft“, forderte Linken-Vorsitzende Janine Wissler als Reaktion auf die kapitalistischen Umweltzerstörungen. Doch wenn allein die Bundesrepublik 100 Milliarden Euro für mehr Militär, die sieben größten Wirtschaftsnationen zusammen lediglich 4,5 Milliarden zur globalen Hungerbekämpfung ausgäben, sei die Priorisierung klar. „Der Klimawandel wird bis zu drei Milliarden Menschen zur Flucht zwingen“, gab sie einen Ausblick auf die kommenden Jahrzehnte. Statt teurer Flüssiggas-Terminals brauche es den massiven Ausbau erneuerbarer Energien, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

ÖPNV statt E-Autos

In Deutschland müsse man die Städte komplett umbauen, um den auftretenden Hitzewellen zu begegnen. „Es braucht Windschneisen zur Kühlung, Flächen müssen entsiegelt und begrünt werden“, zählte Wissler einige Maßnahmen auf. Wandele man etwa alle Parkplätze in Grünflächen um, sei dem städtischen Mikroklima schon sehr geholfen. „Jede vierte Auto-Zulassung ist ein SUV“, wies sie auf die aktuelle Situation hin. Würden Elektromotoren statt in PKWs von Mercedes oder Tesla in Bussen eingebaut, sei dies eine richtige Verkehrswende. Doch momentan würde der Individualverkehr lediglich auf elektrisch umgerüstet, was weiterhin zu Staus in und um Städten herum führe, mahnte sie. „Deutschland muss Bahn-Land werden“, appellierte die Politikerin. Als Vorbild diene die Schweiz. Die kleine Alpenrepublik gibt pro Kopf rund 400 Euro für seine Schieneninfrastruktur aus – in der Bundesrepublik sind es 88.

Stadtgärten und Wirtschaftsdemokratie

Um den Wandel zu einer nachhaltig wirtschaftenden Gesellschaft zu schaffen, sah der Sozialwissenschaftler Markus Wissen verschiedene Anknüpfungspunkte. Im Zuge eines demokratischen Umbaus der Industrie müssen man den Ideen und Projekten der Mitarbeitenden Raum geben. „Die Menschen in den Betrieben wissen oft selbst am Besten, was man anstelle der bisher gefertigten Autos produzieren könnte“, gab er zu bedenken. Ebenso strich er den sozialen Schwerpunkt städteplanerischer Maßnahmen heraus. Denn die Hitze in urbanen Betonwüsten träfe vor allem die Schlechtbezahlten, die wegen ihres geringen Einkommens kaum für CO2-Emissionen verantwortlich seien. „Die energetische Sanierung von Sozialwohnungen, ein kostenloser ÖPNV, urbane Gärten sind Dinge, die für viele Geringverdienenden sofortige Wirkung hätten“, empfahl der Forscher.

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