Staat, Polizei, Silvesterkrawalle

16. Februar 2023  Gesellschaft, Unkategoisiert
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: RLS

Ehrlich gemeinte Lebensperspektiven statt gruppenbezogener Verdächtigungen migrantischer Jugendlicher sind ein Lösungsansatz, um küntig Ausschreitungen, wie jene an Silvester in Berlin zu verhindern. Zu diesem Schluss kam die Aktivistin Simin Jawabreh im Gespräch mit „Manypod“.

Wahlkampf gegen Jugendliche

Die Zahlen sind ernüchternd. Sprach die Polizei nach der Silvesternacht 2022 zuerst von 145 Festgenommenen, reduzierte sich die Zahl auf 17 Fälle, in denen wegen Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt wurde. Aus dem „Problemkiez“ Neukölln stammten lediglich vier Personen. Medien und Politik kritisierten fehlgeschlagene Integration und forderten juristische Konsequenzen. „Das ist Wahlkampfrhetorik, bei der man soziale Probleme bestimmten Gruppen zuschreibt“, mahnte Jawabreh. Statt kaputt gesparter Bezirke seien arabische Jugendliche die Ursache.

Alle sind verdächtig

Betrachte man die Zahlen der Vor-Corona-Zeit, wichen diese nicht großartig von den aktuellen Vorkommnissen ab. Ihre Kritik gilt hingegen der „Politik der kleinen Nadelstiche“. So fand in Berlin jeden Tag mindestens eine Shisha-Bar-Razzia statt. „Die Polizei darf in einigen Gebieten verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen – alle Anwohner*innen werden somit als Verdächtige gesehen“, sagte Jawabreh. Dabei beliefen sich die „Ergebnisse“ solcher großangelegter Polizeieinsätze oftmals lediglich auf Parken in der zweiten Reihe und unversteuerten Tabak.

Kaum Chancen auf Aufstieg

Viele Familien der wegen „Clan-Kriminalität“ verdächtigten Menschen lebten als „Staatenlose“ in struktureller Kettenduldung. Dies verhindere berufliche Aufstiegsmöglichkeiten in der Gesellschaft, da dadurch eine Arbeitserlaubnis ein Ding der Unmöglichkeit werde. Integration könne unter solchen schlechten Rahmenbedingungen kaum gelingen.

Perspektiven statt Polizei

Jawabreh forderte, sich anstelle auf polizeiliche Repression gegen migrantische Jugendliche zu konzentrieren vielmehr für bessere Lebensbedingungen, etwa bezahlbaren Wohnraum oder lebenssichernde Löhne einzusetzen. „Sicherheit bedeutet intakte soziale Beziehungen und Geld zum Leben, nicht mehr Polizei“, zielte sie auf verschiedene Befragungen ab. So sei es auch Aufgabe der Jugendlichen, für ihre Forderungen nach besseren Perspektiven einzutreten, anstatt nachts Gewalt gegen Feuerwehr und Rettungsdienste anzuwenden.

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