Die EU und ihre Flüchtlingspolitik

28. August 2023  Europa
Geschrieben von Kreisverband

Das Lager Moria auf der Insel Lesbos, Griechenland 30.8.2020
(Faktengebunden, CC BY-SA 4.0)

Die jüngste Verschärfung des europäischen Asylrechts stand im Fokus der Diskussion „Von Moria zu ,Closed Controlled Access Center‘“. Die Veranstaltung wurde von Medico International organisiert.

Frontex statt Flüchtlinge

Die Journalistin Franziska Grillmeier wies daraufhin, dass die Neuerung des Asylrechts ironischerweise mit den Schlagworten „Verantwortung“ und „Solidarität“ kommuniziert werden. Unter verantwortungsvolle Politik würden hier jedoch Grenzschließungen und Asylzentren an den europäischen Außengrenzen verstanden. Menschen würden dort auf ihr Asylrecht hin überprüft, sofern sie einer nationalen Gruppe angehörten, deren Ablehnungsquote bei 80 Prozent läge. Solidarität bedeute, dass, wenn ein EU-Staat keine Flüchtlinge aufnehmen wolle, er sich stattdessen von dieser Verpflichtung einfach durch die Aufrüstung von Frontex-Einheiten freikaufen könne.

Push-Backs senken Zahlen

Der Brand des Flüchtlingslagers Moria im September 2020 habe viel verändert, erläuterte sie. Als Ersatz hatte die EU fünf weitere Lager auf den ägäischen Inseln finanziert. „Waren früher in einem Lager bis zu 20.000 Menschen, sind es heute nur noch 2.000“, beschreibt sie ihre Erfahrungen auf Lesbos. Eine Ursache sei, dass durch im Mittelmeer stattfindende Push-Backs immer weniger Flüchtlinge europäische Küsten erreichten. Polizei, Küstenwache und Grenzschützer seien darauf aus, den Kontakt zwischen Journalist*innen oder Zivilgesellschaft mit angelandeten Flüchtlingen zu unterbinden.

Filmen verboten

Die Schweizer Anwältin Annina Mullis, deren Legal Centre auf Lesbos Rechtsbeistand für Flüchtlinge bietet, beschrieb die Umgestaltung des Lagers von bloßen Registrierungszwecken hin zu einem Closed Controlled Access Center. „Filmaufnahmen sind dort verboten“, erklärte sie mit Verweis auf das militärische Gebiet, auf dem es errichtet wurde. Es komme immer öfters vor, dass Flüchtlinge, die ihr jeweiliges Boot an Land setzten, als Schleuser angeklagt würden. Doch hätten sie von ihren Leidensgenossen kein Geld gefordert, sondern nur den gleichen Wunsch, Asyl in Europa zu erhalten.

Schnellurteile für Jahrzehnte Haft

„Menschenschmuggel ist der zweitgrößte Haftgrund in griechischen Gefängnissen“, erläuterte Mullis. Lediglich Drogendelikte stellten einen noch größeren Prozentsatz dar. „Die Verfahren gegen Flüchtlinge dauern meist weniger als 30 Minuten“, bezog sie sich auf eine Studie. Dabei geht es um langjährige Gefängnisstrafen. Durchschnittlich betrage die Haftdauer für als Schleuser verurteilte Flüchtlinge 50 Jahre.

Abschaffung des Asylrechts

Die Anwältin ging ebenfalls auf die Änderungen des Asylrechts ein. Diese sehen vor, dass Länder leichter als „sichere Drittstaaten“ klassifiziert werden könnten. „Reist ein Flüchtling durch einen solchen Staat, werden die Fluchtursachen nicht geprüft“, erläuterte sie. Das komme der Abschaffung des Asylrechts gleich. Probleme gäbe es beispielsweise in der Türkei. Für Syrer*innen sei es etwa kaum möglich, einen Schutzstatus zu erhalten. Stattdessen komme es oft vor, dass Flüchtlinge in ihre jeweiligen Heimatländer – Syrien, Iran oder Afghanistan – zurückgeführt werden würden.

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