Patriarchat und Kapital

14. August 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung, CC BY 3.0

Die Kritik an der Ausbeutung von Frauen durch Männer sowie dem kapitalistischen Wirtschaftssystem sind Grundthemen von Maria Mies‘ Buch „Patriarchat und Kapital“. Dieses wurde in der 29. Folge des Theoriepodcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung besprochen.

Ökofeminismus und autonomes Frauenhaus

Mies wurde 1931 als siebtes von elf Kindern geboren. Ihre Eltern bewirtschafteten in der Eifel einen bäuerlichen Kleinbetrieb, von dem ihre Mutter sagte, die Arbeit sei zwar schwer gewesen, habe aber auch Spaß gemacht. Dank eines Stipendiums studierte Mies und unterrichtete in Indien Deutsch, bevor sie in Köln in Soziologie promovierte. Sie verschrieb sich dem Bielefelder Ansatz des Ökofeminismus und engagierte sich in der Frauenbewegung. 1976 war sie Mitbegründerin des ersten autonomen Frauenhauses.

Unterdrückung und Gewalt

Mies sieht das Patriarchat als ein 8.000 Jahre langes System von Ausbeutung und Unterdrückung, dessen jüngste Ausformung der Kapitalismus sei. Dagegen müssten Frauen sich zur Wehr setzen. Das Patriarchat gründet sich auf Männerbünde, die vielfach Gewalt gegen Frauen ausüben. Dazu zählen unter anderem das Verbot von Abtreibungen und Genitalverstümmelung, aber auch Gewalt in der Partnerschaft. Laut einer aktuellen Studie sehen rund 30 Prozent der Männer Gewalt in der Beziehung als gerechtfertigt an. Fast jeden dritten Tag wird eine Frau im Zuge eines Femizids von ihrem Partner ermordet.

Ausbeutung in Familie und Beruf

In unserem Wirtschaftssystem werden sowohl Frauen, die Natur als auch (die ehemaligen) Kolonien ausgebeutet. Bei der Frau geschieht dies etwa durch unbezahlte Care-Arbeit in der Familie oder durch schlechter bezahlte Lohnarbeit (Gender-Pay-Gap) im Betrieb. Mies bezeichnet die Familie als die Kolonie des Mannes. Durch deren Unterwerfung würde der Proletarier zum Bürger „aufsteigen“.

Ländliche Bedarfswirtschaft

Dem setzt sie einen an bäuerlicher Arbeitsteilung orientieren Gesellschaftsentwurf entgegen. Denn da auf dem kleinbäuerlichen Hof sowohl Mann als auch Frau auf dem Feld aktiv gewesen seien, würde so die Trennung von Produktion und Reproduktion aufgehoben – Frauen erhielten auf diese Weise mehr ökonomische Mitbestimmung. Als Alternative zum arbeitsteiligen, technologischen Kapitalismus sieht sie eine agrarisch geprägte Subsistenzwirtschaft. In dieser kleinräumig aufgestellten Kreislaufökonomie müsse das Verhältnis zwischen Stadt und Land neu aufgeteilt werden.

Kritik

Kritisiert wird dieser Ansatz deshalb, da im Rahmen der voranschreitenden Verstädterung in den Industriestaaten eine kleinräumige Selbstversorgung in Millionenstädten wie Shanghai (24,8 Mio.) oder Delhi (11,3 Mio.) kaum möglich ist. Auch bedient Mies mit der „heilen bäuerlichen Familie“ ein Idyll, das es so wohl auch nie gegeben haben wird.

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