Rechtspopulismus in Deutschland

11. Januar 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband
Quelle: Die Linke

Die Unterschiede von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus sowie deren Gefahren für die Demokratie waren Thema eines Vortrag von Prof. Dr. Hans-Gerd Jaschke. Dieser fand im Rahmen der Tagung „Gefahr von Rechts?“ der Stiftung Demokratie Saarland statt.

Pegida

Mit der Behauptung, muslimische Gruppierungen würden gewalttätige Auseinandersetzungen in Deutschland austragen, gründete sich Pegida. Die Organisation schaffte es, rechtes Denken durch alle soziale Milieus hindurch verbreiten, erklärte der Wissenschaftler. „Sie knüpften an die Montagsdemonstrationen und ‚Wir sind das Volk‘-Slogans von 1989 an und setzten die Bundesregierung mit dem SED-Regime gleich“, kritisierte er.

Identitäre Bewegung

Eine jugendhaftere Gruppe, die mit ihren medienwirksamen Aktionen an die Greenpeace-Programmatik der 80er Jahre erinnert, sei die Identitäre Bewegung (IB). Diese straff rechtsextreme Organisation erhielt Bekanntheit, als sie auf dem Brandenburger Tor ein Banner mit der Aufschrift „Sichere Grenzen – sichere Zukunft“ enthüllten. Ebenfalls charterte die IB ein Schiff, mit dem sie im Mittelmeer versuchte, die Aufnahme von Flüchtlingen durch Rettungsschiffen zu stören. „Europa darf nicht von afrikanischen Massen überflutet werden“, erläuterte er deren Einstellung. Ikonografisch ähnele das Lambda-Symbol der IB dem Emblem der Sturmabteilung (SA), dem linksrevolutionären Flügel der NSDAP.

AfD

Die AfD wurde laut Jaschke zu einem Sammelbecken konservativer und rechtsextremer Kräfte, nachdem der aus dem bürgerlich-eurokritischen Milieu stammende Bernd Lucke ausgeschlossen worden war. Begriffe wie „Vaterlandsliebe“ bildeten dabei das Scharnier zwischen der konservativen und der extremen Strömung innerhalb der Partei. Dies sei auch an den Wahlplakaten auszumachen. Warb die NPD mit „Vorbild Schweiz: Volksabstimmung jetzt!“ für sich, lese man bei der AfD „Die Schweiz ist für Volksentscheide. Wir auch!“

Extremismus und Populismus

„Rechtsextremismus ist der Glaube an die reine Volksgemeinschaft der Deutschen, ein Führertum, das sich in Nationalismus und Rassismus äußert“, sagte der Politikwissenschaftler. Biologischer Sozialdarwinismus werde auf die menschliche Gesellschaft übertragen. Rechtspopulismus hingegen funktioniere anders. Im Namen des „einfachen Volkes“ würden die Herrschenden – etwa Politiker*innen, Wirtschaftsbosse oder die Medien – kritisiert, da diese das Volk betrügen. Auch könne der Populismus eine traditionalistische Gegenbewegung gegen die Moderne sein, gibt er zu bedenken.

Populismus damals und heute

Diese Strömung habe in Deutschland eine lange Geschichte. „Das 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 prägte den Begriff der ‚Lügenpresse‘“, erklärte der Professor die 23. Forderung der Nationalsozialisten. In den 80er Jahren erreichten die Republikaner als Abspaltung der bayerischen CSU mit Parolen gegen Flüchtlinge Wahlerfolge. 2010 polemisierte Thilo Sarrazin (SPD) mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ gegen Migrant*Innen. Aktuell gilt die AfD mit ihren Schwerpunkten auf Migration und Kriminalität in Ostdeutschland mancherorts als Volkspartei.

Rechtspopulismus bedeutet Ungleichheit

„Populismus will demokratische Eigenschaften wie die Gleichheit aller Menschen zurückdrängen“, warnte Jaschke. Denn rechte Einstellungen stünden der Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Religion sehr offen gegenüber. Zielten linke Bewegungen auf Freiheit und Gleichheit aller ab, strebten Rechte hingegen eine ungleiche Gesellschaft an. Der staatlich propagierten Hufeisen-Theorie widersprach er. „Beim G20-Gipfel in Hamburg versuchten Autonome, durch Schädigung von Infrastruktur den Kapitalismus schwächen – das Ziel rechter Gewalttäter ist, migrantische Menschen zu töten“, verdeutlichte er die fundamentalen Unterschiede bei Ziel und Mittel.

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