Wolfgang M. Schmitt: Kapitalismus im Film

10. Oktober 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Wolfgang M. Schmitt (Quelle: RLS)

Die durch den Kapitalismus verursachte Ungleichheit und dessen Reproduktion im Film war Thema bei dem Vortrag „Weshalb sind die Reichen so reich?“ von Wolfgang M. Schmitt. Die Veranstaltung wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) organisiert.

Reichtum und extreme Armut

Auf der ganzen Welt belaufe sich das Vermögen auf 453,6 Billionen Dollar, erläuterte der Filmkritiker mit Verweis auf den Ökonomen Branko Milanović. „Gleich verteilt, müsste also jeder Erwachsene 87.000 Dollar besitzen.“ Doch dem ist nicht so. „2020 lebten 719 Millionen Menschen in extremer Armut, hatten am Tag weniger als 2,15 Dollar“, verdeutlichte er die ungleiche Verteilung. Diese Schieflage sei beispielsweise in den Vereinigten Staaten zu beobachten. Dort ist der Arbeitsanteil am Nationaleinkommen um 5 Prozent zurückgegangen, während der des Kapitals um 5 Prozent gestiegen sei. „Der Gini-Koeffizent beim Kapital liegt bei 0,9“, erklärte Schmitt. Während 0 bedeuten würde, alle besäßen gleich viel, sagt der Wert von 1,0 aus, dass eine Person alles besitze.

Reichste werden reicher

Ähnliches könne man auch in der Bundesrepublik erkennen. „In Deutschland gibt es momentan den größten Reallohnverlust seit der Finanzkrise von 2008“, wies der YouTuber auf steigende Kosten und stagnierende Löhne hin. So verdiene jeder Vierte weniger als 14 Euro pro Stunde. Gleichzeitig flossen 2020 81 Prozent des Vermögenszuwachses an das reichste Prozent, während sich die restlichen 99 Prozent der Bevölkerung 19 Prozent teilen mussten. „In Deutschland werden Kapitalerträge mit 25 Prozent, Arbeit hingegen mit bis zu 42 Prozent besteuert“, nannte Schmitt eine der Ursachen für die Ungleichheit. So legten die Wohlhabenden ihr verdientes Einkommen in Kapitalanlagen an und gutbezahlte Berater suchten nach effektiven Möglichkeiten der Steuervermeidung.

Erfolg durch Regelbruch

Die herrschende Ungleichheit und der Wunsch des sozialen Aufstiegs, um ebenfalls zu den Reichen zu gehören, spiegele sich auch in der Filmindustrie wieder. In „Das Geheimnis“ (1987) liest sich der 24-jährige Postzusteller Brantley etwa in die Geschäftsbilanzen seines Unternehmens ein und beteiligt sich inkognito an Vorstandssitzungen. So ermöglicht er schließlich die Übernahme einer feindlichen Firma. „Der persönliche Aufstieg gelingt durch harte Arbeit und den hierarchischen Regelbruch“, hielt Schmitt die neoliberale Kernbotschaft fest.

Wachstum dank Deregulierung

Die Möglichkeit des Aufstiegs wird ebenfalls in „Wallstreet“ (1987) thematisiert. In diesem Film strebt der Sohn eines Gewerkschaftsführers danach, als Börsenmakler das große Geld zu machen. Den Schlüssel sieht er in der Befreiung der Unternehmen von staatlicher Bürokratie, da nur Deregulierung zu einem erfolgreichen Wachstum führen könne. „Hier wird die Ideologie der Reagan-Ära weiterverbreitet“, kommentierte Schmitt. Die Zuschauer*innen solcher Filme müssten sich jedoch bewusst sein, dass diese Aufstiegserzählungen in der Realität kaum stattfänden. „Im Kapitalismus können eben nicht alle reich sein“, rief er die bestehende Ungleichheit in Erinnerung.

Umverteilung durch Vermögensteuer

Dem gegenüber stellte Schmitt die Forderung nach einer höheren Vermögen- und Konsumsteuer, etwa bei Luxusartikeln wie Yachten (z.B. Roman Abramowitsch, RUS: 850 Millionen Euro, Scheich Chalifa bin Zayid Al Nahyan, VAE: 530 Millionen Euro), Neben höheren Löhnen – wobei der Mindestlohn bei 18 Euro liegen sollte – müsse es auch zu einer radikalen Umverteilung kommen. „Im Kapitalismus kann man mit Hilfe von Geld seinen persönlichen Willen durchsetzen“, beschrieb er eine Motivation des individuellen Profitstrebens. Der Sozialismus löse jedoch die Hierarchie von durchsetzungsstarken Reichen und machtlosen Armen auf. Stattdessen strebe man nach einem gemeinschaftlichen Wirtschaften.

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