Den Krieg in der Ukraine beenden

18. November 2023  International
Geschrieben von Kreisverband

Wohngebäude in Pokrowsk/Donezk nach dem Einschlag zweier russischer Raketen am 7. August 2023. Es gab sieben Todesopfer und 88 Verletzte. (National Police of Ukraine, CC BY 4.0)

Ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine sei nötig, um das dortige Sterben, aber auch den Hunger im globalen Süden zu verhindern. Zu dieser Forderung kam Ingar Solty, Referent für Friedens- und Sicherheitspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung, bei der friedenspolitischen Gewerkschaftskonferenz der IG Metall in Hanau.

Tod, Hunger, Inflation

Im Krieg in der Ukraine sterben jeden Tag unzählige Soldat*innen auf beiden Seiten, ohne dass es in den Abnutzungskämpfen nennenswerte Geländegebiete gäbe, beschrieb Solty die militärische Situation. Auch weltweit seien die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges enorm. „In Ägypten liegt die Inflation bei 78 Prozent“, nannte er ein Beispiel. In vielen Ländern bestünde die Gefahr, dass es im Zuge von Verteilungskonflikten zu ethnischem oder religiösen Staatszerfall käme. Selbst in der Bundesrepublik seien Verwerfungen spürbar. „Über 60 Prozent der Sparkassen- und Giroverband-Kunden müssen ihr gesamtes Arbeitseinkommen zur Deckung der laufenden Kosten ausgeben“, sprach er eine statistische Auswertung an.

Viele Kriegslügen

Der Überfall der russischen Armee sei von Putin mit zahlreichen Lügen – der Verhinderung eines angeblichen Völkermords an der ostukrainischen Bevölkerung sowie Atomwaffenprogramme der ukrainischen Regierung – legitimiert worden. Doch dabei habe er sich nur auf schon bestehende Fälle bezogen, beispielsweise der Schutzargumentation der NATO für die Kosovo-Albaner*innen, um Serbien zu bombardieren oder die Behauptung der US-Regierung unter George W. Bush 2003, der Irak besäße Massenvernichtungswaffen. „Die wertegeleitete Außenpolitik ist heuchlerisch“, stellte Solty fest.

Kurd*innen vor Türkei schützen?

Dabei bezog er sich auf das Recht souveräner Staaten, sich aus freien Stücken einem Bündnis anzuschließen. Für die Ukraine werde dies mit Blick auf die NATO gefordert. „Als sich die Salomonen-Inseln 2022 für eine chinesische Militärbasis aussprachen, war das in den Augen der US-Regierung ein möglicher Kriegsgrund“, nannte er einen kontroversen Fall. Nähme man die Unterstützung angegriffener Völker zur Selbstverteidigung ernst, müsste die Bundesregierung nach dem Angriff des NATO-Partners Türkei auf Nordsyrien und -irak Waffen an die dort lebenden Kurd*innen liefern.

Krieg stabilisiert Putins Herrschaft

Nachdem die Diversifizierung der russischen Wirtschaft gescheitert sei und 2018 in der Föderation neoliberale Rentenreformen umgesetzt wurden, führe der Krieg jedoch dazu, dass das Regime Putin nicht an den eigenen Widersprüchen zerbreche. „Während eine Mehrheit der Russ*innen die Sozialkürzungen ablehnt, glaubt eine ebenso große Menge an die Umzingelung durch den Westen“, erklärt Solty das Phänomen. So gäbe es Zustimmung zur „Spezialoperation“, selbst wenn diese mit der gezielten Zerstörung der Wasser- und Energieinfrastruktur Kriegsverbrechen gegen die Ukraine beinhalte.

1990: Die vertane Chance

Einziger Profiteur des andauernden Krieges seien seiner Meinung nach die Vereinigten Staaten. Die neue Blockkonfrontation sorge für immer mehr Aufträge für die fünf größten Rüstungskonzerne der USA sowie infolge dessen auch zu Innovationen in der zivilen Technik, welche Erkenntnisse der Militärforschung nutze. Vorteilhaft sei die Energiepolitik, die dazu führe, dass man in Europa nun amerikanisches Flüssiggas kaufe. „Eine kollektive Sicherheitsarchitektur nach 1990, die auch Russland miteingeschlossen hätte, hätte den Krieg verhindern können“, blickte Solty zurück.

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