Zwei Jahre Krieg und feministischer Widerstand

10. März 2024  International
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Feministischer Widerstand gegen den Krieg in Russland und die Situationen von Frauen in der Ukraine waren Thema in der 12. Folge von dis:arm, dem friedenspolitischen Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Kürzung und Zerstörung

„Der Krieg wird zur Normalität“, beschrieb Nina Potarska von der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF) die Situation in der Ukraine. Doch blieben die Stimmen der ukrainischen Frauen meistens ungehört. War die Lage vor der russischen Annektion der Krim 2014 durch Sozialeinsparungen bei Kitas, Schulen oder Krankenhäusern schon schwierig, würde nach der Zerstörung zahlreicher Gebäude durch die russische Armee viel von Frauen getragen.

Nur Regierungsinteressen

Den Westen sah die ukrainische Wissenschaftlerin weder als Freund noch als Partner. „Die Länder handeln nur aus ihren Regierungsinteressen heraus, nicht aber zum Wohl der Menschen“, kritisierte sie. Ein Beispiel dafür sieht man in den Vereinigten Staaten, die bisher 45 Milliarden US-Dollar Ukraine-Hilfen ermöglichten. Ein weiteres Paket, das Joe Biden im Kongress beschließen möchte und das 60 Milliarden umfasst, scheitert jedoch am Widerstand der Republikaner, die der russischen Invasion der Ukraine einen niedrigeren Stellenwert beimessen als der „Invasion“ an der US-Grenze zu Mexiko durch Migrant*innen.

Kreuze als Protest

Lüba Zakharov, Mitglied der Feminist Anti-War Resistance (WAR) gab einen Einblick, wie russische Bürger*innen im repressiven System Widerstand gegen den Krieg leisten können. „Bei der Aktion ,Mariupol 5.000‘ stellten Aktivist*innen überall Kreuze auf, um an die tausenden Toten beim Kampf um die ukrainische Hafenstadt zu erinnern“, erzählte sie. Solche dezentralen Maßnahmen seien auch sicherer für die Aktivist*innen, denn mit einem Antikriegs-Transparent auf einem öffentlichen Platz würden sie sofort verhaftet werden.

Kleider und Rosen

An manchen Orten stünden auch die „Women in black“, ganz in schwarz gekleidete Frauen mit einer Rose in der Hand. Diese solle an die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ in der nationalsozialistischen Diktatur erinnern. Eine weitere Bewegung stellten die Frauen von „Put Domoi“ (Zurück nach Hause) dar. Im Februar legten diese Soldatenfrauen Blumen am Grab des unbekannten Soldaten nieder und forderten die Rückkehr ihrer in der Ukraine kämpfenden Männer. „Das sind Frauen aus traditionellen Familien, die Putin vorgibt, zu beschützen“, charakterisierte Zakharov die Frauen, die sich gegen den Kriegseinsatz ihrer Ehegatten stellten.

Repression gegen Frauen

Die mittlerweile in Deutschland lebende Zakharov erläuterte, dass es durch heimgekehrte und vom Krieg traumatisierte Männer zu einem Anstieg der häuslichen Gewalt gegen Frauen gekommen sei. Darüber hinaus übe die Putin-Regierung Druck auf die LGTBQ-Bewegung und auf Frauen, die abtreiben wollten, aus. „Abtreibungen in Privatkliniken sollen verboten werden“, erklärte sie. Denn in den verbliebenen staatlichen Krankenhäusern würden die Schwangerenberatungen mitunter auch von orthodoxen Priestern, nicht von Ärzt*innen, durchgeführt.

Rüstungssektor boomt

Dem Politikwissenschaftler Felix Jaitner zufolge versuchte man schon vor dem russischen Angriff auf die Krim und die Ostukraine, die eigene Wirtschaft unabhängig von der Ausbeutung fossiler Rohstoffe zu machen. Das Konzept sah eine Modernisierung der Rüstungsindustrie und beim Maschinenbau vor. Die Erneuerung der Landwirtschaft ging mit der Vertreibung zahlreicher Kleinbauern einher. Der Export von Atomkraftwerken – in die Türkei und Ukraine, aber auch die Europäische Union – sollte den Energiesektor voranbringen. Der Krieg habe in diesen Bereichen zu einem großen Aufschwung geführt. So seien in der Industrie die Löhne stark gestiegen und die Arbeitslosigkeit gesunken. Finanziert werden diese Transformation durch die globale Nachfrage nach russischem Erdöl.

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