Linke Visionen für eine gerechte Welt

14. Dezember 2023  Partei
Geschrieben von Kreisverband

Carola Rackete und Martin Schirdewan auf dem Europaparteitag der Linken in Augsburg, 18.11.2023 (Martin Heinlein, CC BY 2.0)

Sich im EU-Parlament für ein menschenfreundliches Europa einsetzen, aber auch im eigenen Umfeld eine solidarische Gesellschaft mit aufbauen – das sind linke Perspektiven für die Zukunft. Carola Rackete, Arne Semsrott und Simin Jawabreh sprachen bei einer Rosa-Luxemburg-Veranstaltung darüber, was sie ändern wollen.

Menschen und Klima schützen

Die Seenotretterin und Umweltaktivistin Carola Rackete kandidiert bei der Europawahl im Juni 2024 auf der Liste der Linken. Bei einer Polarexpedition kam sie als nautische Offizierin mit zahlreichen Wissenschaftler*innen in Kontakt, die zutiefst frustriert über die Politik waren, die seit 30 Jahren ihre Klima-Warnungen ignorierte. „In Nordskandinavien habe ich zusammen mit indigenen Rentier-Hirten Widerstand gegen die Forstwirtschaft geleistet“, erzählte sie. Nachdem sie bei Greenpeace und Sea-Watch aktiv gewesen sei, wolle sie nun die linken Institutionen in der Gesellschaft schützen.

Linke gegen Lobbyismus

Nach Washington sei Brüssel mit gut 25.000 Lobbyist*innen die zweitgrößte Unternehmensvertretungs-Hochburg der Welt, erläuterte sie. „Die Rechten greifen das Nature Restauration Law an, das die Ökosysteme in Europa erhalten will“, nannte Rackete eine Konsequenz. Auch hätten sie in Zusammenarbeit mit den Konservativen eine Reduzierung von Pestiziden abgelehnt. „Konzerne beeinflussen mit den Rechten und Konservativen die Wirtschaftspolitik, unter der aufgrund von Wasserverbrauch, Handel mit Wasserverschmutzungszertifikaten oder industrieller Landwirtschaft alle Menschen Europas beeinträchtigt sind“, kritisierte sie. Dagegen brauche es eine starke linke Bewegung von der Straße über die Gewerkschaften bis hinein in die Parlamente.

Schwarzfahren abschaffen

Der Journalist Arne Semsrott geht der Frage nach, wie ein konkretes Problem politisch gelöst werden könne. Etwa, dass jedes Jahr unzählige Menschen wegen Schwarzfahren ins Gefängnis kommen, weil sie die Geldbuße nicht bezahlen können. 87 Prozent davon sind arbeits- und 15 Prozent wohnungslos. „,Freiheitsfonds‘ macht darauf aufmerksam, dass der Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrschein, den es seit 1935 gibt, heute überholt ist“, erläuterte er. Seit Dezember 2021 habe man es geschafft, 911 wegen Schwarzfahren Inhaftierte freizukaufen.

Informationen für alle

Ein weiteres Projekt Semsrotts ist „Frag den Staat“. Der Zugang zu Informationen bedeute Macht, denn so könne man regulieren, wer Einfluss auf Entscheidungen nehmen könne, erklärte er. In den vergangenen fünf Jahren hätte die Gruppe rund 200 mal Informationen seitens Behörden eingeklagt. In Bezug auf die Institutionen ist Semsrott skeptisch. „Im Innenministerium sind die Abteilungsleiter*innen für Migration sowie innere Sicherheit die gleichen wie unter Horst Seehofer“, merkte er mit Blick auf SPD-Ministerin Nancy Faeser an.

Kommunismus als Bewegung

Für die Politikwissenschaftlerin Simin Jawabreh ist ein Zitat von Marx und Engels zentral. „Kommunismus ist nicht nur ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal – wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufzuheben vermag.“ Um dies zu erreichen, sollte man sich schon so selbst verwalten, wie man es sich für die befreite Welt von Morgen wünsche, so die Aktivistin. Etwa in Form einer gemeinschaftlichen Unterstützung, die zu einer lebenserfüllenden Erfahrung führe.

Das Monster Klimakrise

Die Gegenwart betrachte sie mit den Augen des italienischen Marxisten Antonio Gramsci als eine Zeit der Monster („Die alte Welt ist im Sterben, die neue ist noch nicht geboren, es ist die Zeit der Monster“). Vor allem die Klimakrise unterstreiche ihrer Meinung nach die Richtigkeit des Satzes „Sozialismus oder Barbarei“ (Rosa Luxemburg). Um als Linke wieder Anschluss in der Bevölkerung zu finden, müsse man die Bedürfnisse der Mitmenschen ernst nehmen und ihre Probleme wie Inflation und Wohnungsnot aufgreifen. Die marxistische Partei der Arbeit Belgiens sei durch die Fokussierung auf die Alltagsprobleme der Menschen innerhalb von 10 Jahren auf 80.000 Mitglieder angewachsen, nannte Jawabreh ein erfolgreiches Beispiel.

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