Feministische Außenpolitik im Krieg?

30. März 2024  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Die schwedische Außenministerin Margot Wallström prägte den Begriff der „feministischen Außenpolitik“. Das Foto zeigt sie bei dem Empfang der US-Botschafterin in Schweden, Azita Raji, im Jahr 2016 (Quelle: US Embassy Sweden, CC BY 2.0)

Die Frage, ob eine feministische Politik in Zeiten des Ukraine-Krieges möglich sei, beschäftigte die Diskutant*innen bei der Veranstaltung „Schnittmenge Militarisierung? Feministische Außenpolitik in Kriegszeiten“. Diese wurde von Medico International organisiert.

Keine feministische Regierung

„Es gibt keine feministische Außenpolitik der Bundesregierung“, stellte Claudia Zilla fest. Mit dem Auswärtigen Amt (AA) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seien es lediglich zwei Ressorts, die sich für die eigenen Arbeit solche Leitlinien gegeben hätten. Dabei lehnten sich beide an den schwedischen Ansatz an, der für mehr Rechte, Ressourcen und Repräsentation von Frauen stark mache. Themenfelder seien etwa Klimaschutz sowie Sicherheit und Frieden (AA) oder Genderperspektiven (BMZ). „Es gibt aber keinen Beschluss des Kabinetts Scholz zu der Thematik“, betonte die Politikwissenschaftlerin.

Lateinamerika legt vor

Hingegen beanspruchten Chile, Kolumbien und Mexiko für sich, eine feministische Außenpolitik zu betreiben. „Die chilenische Regierung hat viele feministische Bemühungen, beispielsweise im Bereich der Care-Ökonomie“, erklärte die Lateinamerika-Expertin. In Kolumbien hätte es auch einen Friedensvertrag mit der FARC gegeben, der einen starken Gender-Ansatz verfolge. Doch sei die Übereinkunft bei einer Volksabstimmung von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt worden, rief Zilla in Erinnerung.

Kooperation statt Krieg

„Unsere Außenpolitik hat keine Friedenslogik“, bilanzierte die Politikforscherin Uta Ruppert. Denn ein feministischer Ansatz müsse eine Anti-Gewalt-Position vertreten. „Es gibt keine feministischen Waffenlieferungen“, brachte sie es auf den Punkt. Man müsse sich in solchen Situationen eingestehen, die eigenen Ansprüche nicht verwirklichen zu können. „Wir brauchen die Stärkung zivilgesellschaftlicher Kooperation, die direkte Begegnung zwischen Menschen und staatliche Verhandlungen“, lautete ihr Gegenentwurf.

Feminismus statt Militarismus

Kriege entstünden im Kontext patriarchaler Verhältnisse. Deswegen sei die Forderung, die Kämpfe in der Ukraine mit feministischer Außenpolitik zu beenden, sinnlos. „Feministisches Denken darf nicht erst beim Kriegsausbruch anfangen, sondern muss viel früher beginnen“, erklärte Ruppert. In der Verkündung des Bundeskanzlers zum 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr und den stehenden Ovationen der meisten Abgeordneten sah die Wissenschaftlerin kein Zeichen von Feminismus. „Das ist Militarismus“, machte sie deutlich.

Emotionale Kriegsbereitschaft

Auch kritisierte sie Außenministerin Annalena Baerbock für den Vergleich der Ukraine mit einer vergewaltigten Frau. Die Grünen-Politikerin hatte gesagt, der Ukraine keine Waffen zu liefern sei, wie wenn man einer vergewaltigten Frau verbiete, sich zu wehren. „Die feministische Forschung hat schon in den Jugoslawienkriegen herausgearbeitet, dass die Allegorie des vergewaltigten Mutterlandes zur Herstellung von Kriegsbereitschaft genutzt wird“, erläuterte Ruppert. Dies sei jedoch kein feministisches Anliegen. Die Militarisierung der Zustände spiegele sich ihrer Einschätzung nach auch in der Brutalisierung an den europäischen Außengrenzen wieder. „Hier wird gefragt, wer zur Gesellschaft gehört – und wer nicht“, sagte sie.

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