Chinas Weg zur Marktwirtschaft

19. März 2023  International
Geschrieben von Kreisverband

Flagge der Volksrepublik China. Das Land wandelte sich in den 80er und 90er Jahren von einer reinen Planwirtschaft zu einer Ökonomie mit marktwirtschaftlichen Komponenten.

Die internen Auseinandersetzungen innerhalb der chinesischen Reform-Bewegung waren Thema in Isabella Webers Buch „How China Escaped Shock Therapy“. Die Veranstaltung wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrheinwestfalen organisiert.

Vom Plan zum Markt

Eine wichtige Bedeutung kommt den staatlich festgelegten Preisen zu. In der Planwirtschaft stellten sie den Umverteilungsmechanismus von Produkten vom Land in die Städte dar. Während Rohmaterialien und wichtige Produktionsgüter weit unter ihrer eigentlichen Kostenschätzung festgesetzt waren, galten für Luxusgüter teurere, weit über ihrem Wert liegende Preise. „Beim Übergang von der Planwirtschaft zu einem stärker individuell ausgerichteten Anreizsystem war es essentiell, die festgelegten Preise zu verändern“, stellte die Ökonomin fest.

Mit Kapitalismus zum Sozialismus

Die Diskussion über freie Preise war in der Volksrepublik schon seit 1978 im Gange. Anders gestaltete sich die Debatte um die Eigentumsverhältnisse. Erst 1987 gestattete die Parteilinie, dass man in dem frühen Stadium des Sozialismus, in dem man sich befinde, auf marktwirtschaftliche Komponenten angewiesen sei. Damit sollten die Produktivkräfte im ganzen Land weiterentwickelt werden, um so eine höhere Stufe des Sozialismus zu erreichen.

Schock oder Übergang

Ein Teil der chinesischen Reformer*innen lies sich von osteuropäischen Wirtschaftswissenschaftler*innen inspirieren. Mit Hilfe von Unternehmensautonomie sollte es zu freien Preisen kommen, um schließlich planmäßig in eine freie Marktwirtschaft zu gelangen. Dazu sei die vollkommene Liberalisierung zentraler Schlüsselindustrien notwendig (sog. „Schock-Therapie“).

Dem standen die „Dual-Track“-Reformer*innen entgegen, die Marktmechanismen in die bestehende Planwirtschaft einführen wollten. „Unternehmen müssen weiterhin ihre Planziele erfüllen, darüber hinaus können sie aber für den freien Markt produzieren“, nannte Weber ein Beispiel. Die dadurch erzielten Gewinne verblieben bei den jeweiligen Firmen.

Warnungen vor Liberalisierung

Herbert Giersch, der von 1986 bis 1988 Präsident der neoliberalen Mont Pèlerin Society war, warnte eine chinesische Wirtschaftsdelegation vor einer schlagartigen Änderung des Systems. Der radikale Umbau hin zu einer Marktwirtschaft hätte eine unausweichliche Inflation zur Folge, die sich negativ auf die Produktivität auswirken werde. Von ähnlichen Problemen berichteten befragte Ökonomen aus Ungarn oder Jugoslawien.

Staat sitzt fest im Sattel

In den 90er Jahren kam es zu Massenprivatisierungen, die mit enormen sozialen Härten und großen Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt einhergingen. Der Kern des staatlich kontrollierten Wirtschaftssystems blieb jedoch erhalten. „Der chinesische Staat spielt heutzutage in den zentralen Sektoren weiterhin eine aktive und marktteilnehmende Rolle“, erläuterte Weber das Verhältnis von Staat und freien Unternehmen.

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