Wer sind die Huthis im Jemen?

18. Februar 2024  International
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Durchsetzung eines möglichen Friedensvertrags zur Beendigung des Jemenkriegs und der Aufstieg zur Regionalmacht sind Gründe, aus denen heraus die Huthis Frachtschiffe im Roten Meer beschießen. Zu dieser Analyse kam die 11. Folge von dis:arm, dem friedenspolitischen Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS).

Helfer Gottes

Der Ursprung von „Ansar Allah“ (Helfer Gottes) liegt im Norden des Landes. Während sich im Süden nach Abzug der britischen Kolonialmacht 1967 eine sozialistische Volksrepublik einwickelte, etablierte sich im Norden die Jemenitische Arabische Republik. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es 1990 zur Vereinigung beider Staaten, wobei der aus dem Norden stammende Präsident Ali Abdullah Saleh zunehmend autoritär regierte. „Die Bewegung Ansar Allah gründete sich in den 90er Jahren, um die kulturellen Traditionen der im Norden lebenden Menschen zu erhalten“, erläuterte Jan van Aken, Referent der RLS.

Die Bewegung des Hussein Badreddin al-Huthi

Im Norden wurden zahlreiche durch Saudi-Arabien finanzierte Religionsschulen gegründet, die die konservative Strömung des sunnitischen Wahhabismus propagierten. 70 Prozent der Jemenit*innen sind schiitische Zaiditen. Doch sind die Gemeinsamkeiten mit sunnitischen Gläubigen so groß, dass man beispielsweise die gleiche Moschee besucht. Die Familie des Hussein Badreddin al-Huthi stand in der Bevölkerung in hohem Ansehen, so dass Ansar Allah mehr und mehr mit seinem Namen assoziiert wurde.

Bürgerkrieg und Waffenstillstand

2004 kam es zu einer Rebellion der Huthis gegen die autokratische Zentralregierung Salehs, 2014 eroberten sie schließlich die Hauptstadt Sanaa. Daraufhin bildete sich eine unter saudischer Führung stehende Militärkoalition, die die vertriebene Regierung gegen die Huthis unterstützte. In ihrem Machtbereich erheben die Huthis Steuern und verstaatlichen Unternehmen. Nachdem diese ein Gebiet kontrollierten, in dem 70 Prozent der jemenitischen Bevölkerung lebt, kam es schließlich zu Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien, die zu erst zu einem Waffenstillstand, und im September 2023 schließlich zu einem künftigen Friedensplan führten.

Politische und finanzielle Beteiligung

Dieser sieht eine verstärkte Autonomie des Südens vor, die Huthis sollen jedoch Teil einer gemeinsamen Regierung sein. Ebenfalls werden die Kosten der Staatsbediensteten von Saudi-Arabien getragen und die Einnahmen aus dem Erdöl-Export des Südens nach Bevölkerungsverhältnis verteilt. Die Huthis erhalten also 70 Prozent der Öl-Erlöse. Die Bewegung umfasst sowohl traditionalistisch-islamistische wie auch revolutionäre Kräfte. Aus westlicher Sicht ist das Leben jementischer Frauen aufgrund der religiösen Vorgaben stark eingeschränkt.

Antisemitismus als Programm

Der Slogan der Huthis lautet „Gott ist groß – Tod den USA, Tod Israel. Verdammt seien die Juden – Sieg dem Islam!“ „Sie stellen das Existenzrecht aller Jüd*innen in Frage“, fasste van Aken die antisemitische Agenda der islamistischen Bewegung zusammen. Nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 an jüdischen Israelis und der darauf folgenden Bombardierung des Gazastreifens durch die israelischen Streitkräfte stellten sich die Huthis auf die Seite der Palästinenser*innen. So verübten sie Drohnenangriffe auf 2.000 Kilometer entfernte Städte in Israel.

Kampf gegen Muslimbrüder und USA

„Obwohl sie damit die Hamas unterstützen, bekämpfen sie den jemenitischen Ableger der Muslimbrüder“, erklärte van Aken. Die Organisation der palästinensischen (und sunnitischen) Muslimbrüder heißt Hamas, verdeutlichte er das Paradoxon. Im November überfielen und beschossen die Huthis Frachtschiffe, die Richtung Suezkanal fuhren. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien reagierten mit Luftschlägen auf Kommandozentralen der Bewegung. „Die Attacken kosten die Weltwirtschaft pinro Stunde 360 Millionen US-Dollar“, erläuterte der Experte. Denn viele Reedereien entschieden sich, den viel längeren Weg um ganz Afrika zu nehmen.

Aufstieg zur Regionalmacht

„Das gibt den Huthis die Aura einer Regionalmacht“, hielt van Aken die Situation fest. Auch sei der Beschuss der Schiffe als Zeichen an Saudi-Arabien zu sehen, dass der anstehende Friedensplan zugunsten der Huthis umzusetzen sei, da sie sonst auch militärisch reagieren könnten. Auch innenpolitisch erzielten sie dadurch Erfolge. Die Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen sei in der jemenitischen Bevölkerung populär, auch wenn diese eigentlich den autoritären Regierungsstil der Huthis kritisierten.

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