Die Linke, der Krieg und Europa

18. April 2024  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Eine sowjetische Briefmarke anlässlich des Sowjetisch-Amerikanischen Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag), 17. Dezember 1987, Designer: Yury Artsimenev

Der INF-Vertrag von 1988 als Möglichkeit einer globalen Abrüstung in Zeiten militärischer Anspannung sowie unterschiedliche linke Perspektiven auf den Ukrainekrieg waren Thema bei der Veranstaltung „Die Entwicklung der europa- und friedenspolitischen Positionen der europäischen Linken“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Europäischer Rechtsruck

Linke Kräfte in Europa brauchen eine gute Zusammenarbeit mehr denn je. Zwar könnten im Europäischen Parlament laut Prognosen mit 46 Abgeordneten neun linke Kandidaten mehr als aktuell Platz finden, allerdings steige die Anzahl der extrem rechten Abgeordneten voraussichtlich ebenfalls. „Die Fraktion Identität und Demokratie wird wohl 92 Mandate gewinnen“, verdeutlichte Cornelia Hildebrandt die politischen Verhältnisse. Es sei also mit einem starken Rechtsruck auf europäischer Ebene zu rechnen. Dem müsse man ein klares soziales Profil der Europäischen Linken, der Left Group im EU-Parlament sowie des Netzwerkes Transform! Europe entgegensetzen, erklärte dessen Vorsitzende.

Europa links gestalten

In der Linken gäbe es eine große Heterogenität, die von kommunistischen und postkommunistischen Parteien über linkslibertäre und -sozialistische Gruppierungen bis zu linkskonservativen Gruppen reicht, etwa die der niederländischen Sozialdemokratie. Während einige die Europäische Union als ein imperialistisches Projekt ablehnten, warb Hildebrandt dafür, linke Spielräume zu erkennen und zu nutzen – etwa im Bereich des Mindestlohns.

Soziale Frage und Krieg

Bei den Wahlen im Juni komme dem Ukrainekrieg eine entscheidende Rolle zu. „77 Prozent der europäischen Bevölkerung stimmen einer europäischen Verteidigungspolitik zu“, erläuterte sie aktuelle Umfragen. 65 Prozent befürworteten die Militärhilfe an die Ukraine, stellte sie die Stimmung der Menschen dar. Allerdings sah sie hier auch einen Ansatzpunkt aus linker Perspektive. „Fast die Hälfte der Menschen musste ihre Ausgaben seit dem russischen Überfall einschränken“, machte sie den Zusammenhang von militärischer und sozialer Frage deutlich.

Schutzmacht NATO

Während sich die italienischen und belgischen Parteien gegen Waffenlieferungen aussprachen, sahen die finnischen und polnischen Genoss*innen die Notwendigkeiten solch einer Unterstützung. „75 Prozent der linken Wähler*innen wollen Finnland verteidigen, falls es angegriffen werden sollte“, beschrieb Hildebrandt die Situation in dem skandinavischen Land. Die Linken in Lettland, Litauen, Estland, Polen und Finnland sähen in der NATO die einzige existierende Schutzmacht für die Unversehrtheit ihrer Staaten, wohingegen die schwedischen Linken die Mitgliedschaft an dem Atombündnis ablehnten und stattdessen eine stärkere Zusammenarbeit auf UN-Ebene forderten. Damit teilten sie mit der Mehrheit der europäischen Linken die Ablehnung des interessengeleiteten Militärbündnisses.

Globale Abrüstung

Einig hingegen seien sich alle Parteien in der Verurteilung des russischen Angriffskriegs und ein Großteil unterstütze auch die Sanktionen gegen Putin und die hinter ihm stehende russische Oligarchie als nichtmilitärische Option. Trotz der Unterschiede in verschiedenen Positionen setze sich die Europäische Linke für ein globales Abrüsten ein und sieht in einer internationalen Konferenz unter Schirmherrschaft der UNO eine Möglichkeit, eine weltweite Waffenruhe sowie eine neue Ordnung der kollektiven Sicherheit zu etablieren. „Alle russischen Truppen müssen das Staatsgebiet der Ukraine verlassen“, nannte Hildebrandt eine weitere Forderung. Es brauche einen sofortigen Waffenstillstand und daran anschließende Verhandlungen. Auch müsse der INF-Vertrag zur Vernichtung aller bodengestützter atomarer Mittel- und Kurzstreckenraketen wieder in Kraft treten.

Weiterführende Links:

« zurück