Als Analyst der gescheiterten Novemberrevolution und konsequenter Kritiker der stalinistischen Sowjetunion gilt Karl Korsch als ein Begründer des westlichen Marxismus. Die 25. Folge des Theoriepodcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung widmete sich dem politischen Denker.
Sozialist und Soldat
Korsch wurde 1886 in eine siebenköpfige Familie nahe der Lüneburger Heide hineingeboren. Er studierte Rechtswissenschaften in München, Genf und Berlin und ging nach seiner Promotion nach Großbritannien, wo er Kontakte zur sozial-evolutionären Fabian Society hatte. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges kehrte Korsch nach Deutschland zurück und wurde im Laufe des Krieges mehrfach verwundet.
Sozialisierung und Kommunist
Nach der Revolution arbeitete Korsch, der Mitglied der SPD war, in der Sozialisierungskommission, um die Vergesellschaftung des Kohlebergbaus umzusetzen. Als das Gremium jedoch im April 1919 aufgelöst wurde, trat er den Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) bei, bis er schließlich zur Kommunistischen Partei Deutschland (KPD) wechselte. Nach der Wahl zur Nationalversammlung wurde das Rätekonzept auf ein bloßes ökonomisches Konstrukt reduziert, aus dem die heutigen Betriebsräte entstanden. Doch die Chance einer sozialistischen Gesellschaft war vertan.
Flucht vor der Reaktion
Er lehrte als Privatdozent für Zivilrecht an der Uni Jena, bis er 1923 der kurzlebigen Arbeiter-Regierung in Thüringen als Justizminister beitrat. In dieser Zeit hielt er auch wöchentliche Schulungskursen in Betrieben, um dort die Menschen ideologisch weiterzubilden. Währenddessen veröffentlichte er auch das Buch „Marxismus und Philosophie“. Als sich das Kabinett auf Druck der Reichsregierung auflöste, um so dem Einmarsch der Reichswehr in Thüringen zuvorzukommen, musste Korsch untertauchen.
Marxismus und Philosophie
In seinem Buch ging er der Frage nach, warum die Novemberrevolution 1918 scheiterte. Seiner Ansicht nach waren die Arbeiter*innen in keinster Weise auf eine mögliche Räterepublik vorbereitet gewesen. So fehlte ihnen das grundlegende Wissen, selbst Akteur*innen der gesellschaftlichen Veränderung zu sein. Um dem entgegenzuwirken, müssten die philosophischen Ansätze des Anarchismus, Syndikalismus und Marxismus als Teil der Gesellschaft betrachtet werden. Ziel sei, einen erfolgreichen Kampf um den kulturellen Überbau zu führen, so dass letztendlich die bürgerliche Gesamtstruktur aufgehoben werden könne. Die Parlamentarische Demokratie von Weimar ändere die gesellschaftlichen Strukturen schließlich nicht zugunsten des Proletariats.
Gegen Sozialdemokratie und Stalinismus
Korsch wurde wegen seiner Kritik am Stalinismus sowjetischer Prägung von der Kommunistischen Internationalen als „Linksabweichler“ diffamiert und schließlich aus der KPD ausgeschlossen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh der einstige kommunistische Reichstagsabgeordnete erst nach Dänemark, 1936 schließlich in die USA, wo er 1961 starb.
Bis zuletzt blieb er ein Kritiker der antiimperialistischen Orthodoxie der Bolschewiki, die in der Sowjetunion einen diktatorischen Staat errichteten. Ebenfalls wandte er sich gegen die sozialdemokratische Orthodoxie um Karl Kautsky, deren Ziel der Umbau der bürgerlichen Gesellschaft auf evolutionärem Weg sei. In Korschs Augen boten beide Ansätze dem Proletariat keinerlei emanzipatorische Möglichkeiten.
Weiterführende Links:
- RLS (29.3.2023): tl;dr #25: Karl Korsch. Marxismus und Philosophie – https://www.youtube.com/watch?v=S-MgaLrMhRA
- Die Linke SC-RH (12.4.2023): Rosalux History: Die Novemberrevolution – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/geschichte/rosalux-history-die-novemberrevolution/
- Die Linke SC-RH (5.3.2023): Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/geschichte/georg-lukacs-geschichte-und-klassenbewusstsein/
- Die Linke SC-RH (1.3.2022): RosaLux-History: Die Kommunistische Internationale – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/geschichte/rosalux-history-die-kommunistische-internationale/